Kein Grund zum Feiern

Rechte provozieren am spanischen Nationalfeiertag in Katalonien und im Baskenland
Am vergangenen Freitag feierte Spanien mit einer traditionellen Militärparade unter Vorsitz des Königs Juan Carlos sowie der kompletten Regierung Mariano Rajoys seinen Nationalfeiertag. Der 12. Oktober symbolisierte als sogenannter »Tag der Rasse« während der Franco-Regierung spanischen Patriotismus und Überlegenheit. Besonders in Katalonien und im Baskenland, wo sich die Mehrheit der Bevölkerung weder spanisch fühlt, noch mit den Massenmorden an der indigenen Bevölkerung während der Eroberung Amerikas identifiziert, steht dieser Tag unter dem Motto »Es gibt nichts zu feiern«.

In Barcelona hatte die Plattform »Katalanen aus Spanien« am Freitag zu einer Demonstration gegen die Unabhängigkeit Kataloniens aufgerufen. Neben der faschistischen Falange und der Plataforma per Catalunya (Plattform für Katalonien) haben sich auch die rechte Ciutadans und der katalonische Ableger der Volkspartei (PP) dem Aufruf angeschlossen und waren mit ihren Parteispitzen vertreten. Die Demonstration war als Antwort auf den katalanischen Nationalfeiertag am 11. September gedacht, an dem über 1,5 Millionen »Katalonien, neuer Staat in Europa« forderten. Dieser Versuch erwies sich jedoch als absoluter Flop. Während PP und Ciutadans noch davon träumten, an der Seite von Nazis und Rassisten als »schweigende Mehrheit« den 1,5 Millionen Stimmen nach Unabhängigkeit die Stirn zu bieten, füllten letztendlich nur 6000 Personen die Plaça Catalunya in Barcelona. Die ersehnte Antwort einer »schweigenden Mehrheit« blieb trotz mehrerer Autobusse, die Faschisten aus dem ganzen Land in die Stadt brachten, aus – weil es schlichtweg keine solche Mehrheit gibt. So marschierten PP und Ciutadans neben Falange-Abzeichen und Nazisymbolen für die Einheit Spaniens. Passanten, die den Tag zum Einkaufen nutzten, wurden bedroht.

Eine Gegendemonstration mit mehreren hundert Demonstranten auf der benachbarten Plaça Universidad hingegen wurde von der Polizei angegriffen. Diese traktierte Antifaschisten mit Schlagstöcken, ein dabei Verletzter wurde vorübergehend festgenommen.

Viele Geschäfte ignorierten den spanischen Nationalfeiertag und hatten geöffnet. Insgesamt zwölf Rathäuser deklarierten den 12. Oktober als regulären Arbeitstag, und in Dutzenden Schulen fand der Unterricht statt.

Auch im Baskenland blieben Geschäfte und Einrichtungen geöffnet. Ungefähr 200 vorwiegend aus Madrid angereiste Faschisten versammelten sich in Bilbao unter dem Denkmal von Sabino Arana, dem Gründer der Baskischen Nationalistischen Partei (PNV), und marschierten dann mit Slogans gegen die baskische Unabhängigkeit durch die Stadt. Auch hier griff die Polizei die Gegendemonstration an und nahm insgesamt 14 Menschen fest. Die Mehrheit der baskischen Medien bewerteten den Aufmarsch als Provokation und stellten ihn in Zusammenhang mit den am nächsten Wochenende bevorstehenden Wahlen in der Region. Alles deutet darauf hin, daß die derzeitige Regierung der Sozialdemokraten, die eine Allianz mit der PP bilden, einer nationalistischen baskischen Regierung weichen muß. Letzten Umfrageergebnissen zufolge liegt die PNV vorn, gefolgt von Euskal Herria Bildu, die erstmal nach zwei Legislaturperioden wieder als Nachfolgepartei von Herri Batasuna zu Wahlen zugelassen wurde.

Am Samstag versammelten sich in Bilbao 14000 Menschen zur letzten zentralen Wahlkampfveranstaltung. Sie forderten die Unabhängigkeit und eine Lösung für die 400 politischen Gefangenen, die nach wie vor auf Gefängnisse im ganzen spanischen Staat verteilt sind. In einer telefonisch aufgenommenen Grußbotschaft des seit drei Jahren inhaftierten Batasuna-Sprechers Arnaldo Otegi forderte dieser, die Gefängnisse zu leeren und die Straßen zu füllen, um die Rechte der baskischen Bevölkerung zu verteidigen. Die logische Konsequenz aus der Tatsache, daß sich der spanische Staat nicht zu Verhandlungen über ökonomische und politische Fragen im Baskenland bereit zeige, sei eine Lösung ähnlich der in Quebec, Schottland und Katalonien. Inzwischen wurde dem Familienmitglied, das die Aufnahme zur Verfügung gestellt hatte, weiterer Kontakt mit Otegi untersagt.
veröffentlicht in jw am 15_10_2012