Schnauze voll vom Patriarchat

Foto: Mela Theurer

Millionen beteiligen sich an Frauenstreik in Spanien. Feministische Gruppen und Gewerkschaften bezeichnen Aktionstag als vollen Erfolg.

Spaniens Straßen haben sich am Donnerstag in ein lilafarbenes Meer verwandelt. Hunderttausende beteiligten sich an dem Frauenstreik, zu dem mehr als 300 Organisationen, die anarchistische Gewerkschaft CNT sowie die anarchosyndikalistische CGT unter dem Motto »Ohne uns steht die Welt still« aufgerufen hatten. Es war die größte Demonstration gegen Patriarchat, sexualisierte Gewalt, Rassismus und für die Gleichstellung der Frauen, die es im spanischen Staat je gegeben hat. In mehr als 120 Städten gingen die Menschen mit Forderungen wie »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit«, »Prekäre Arbeitsverhältnisse abschaffen« oder »Schluss mit sexualisierter Gewalt« auf die Straße.

Bereits am Morgen brachten Aktivistinnen den Verkehr mit Straßen- und Gleisblockaden zum Erliegen. Landesweit wurden über 300 Züge blockiert. »Weder sind wir Opfer, noch passiv – wir sind kämpfende Frauen«, war dabei auf Transparenten zu lesen.

In vielen Städten hingen Schürzen auf der Leine, als Zeichen dafür, dass die Küche an diesem Tag kalt blieb. Im Madrider Kongress ging so gut wie nichts mehr. Auch viele Journalistinnen beteiligten sich am Streik. In der Kleinstadt Vinaròs wurden am Strand 739 Kreuze aufgestellt, sie stehen für die Frauen, die zwischen 2007 und 2017 patriarchaler Gewalt zum Opfer fielen.

Auch die großen Gewerkschaften UGT und CCOO beteiligten sich an dem Aktionen. Sie riefen zu jeweils zweistündigen Arbeitsniederlegungen am Morgen und Nachmittag auf. Einen 24stündigen Streik hatten sie im Vorfeld für nicht möglich gehalten, weswegen sie von feministischen Gruppen heftig kritisiert wurden.

Die Massenmobilisierungen begannen meist erst in den Abendstunden. Rund eine Million demonstrierte laut den Veranstalterinnen in Madrid. Auf der Abschlusskundgebung in der Hauptstadt erklärte Victoria Castrillón, eine der Organisatorinnen: »Wir haben heute Madrid zum Stillstand gebracht. Das ist unser Tag, aber morgen geht es weiter. Wir sind nicht mehr aufzuhalten.«

Auch in Barcelona versammelten sich Hunderttausende zu einer Großdemonstration. Die Veranstalterinnen sprachen von rund 600.000 Teilnehmenden, die Polizei lediglich von 200.000. Migrantinnen und Sexarbeiterinnen führten zeitweise den Zug an. Mit kämpferischen Parolen forderten sie ihre Rechte ein und die Anerkennung für die Arbeit der Huren. Gleichzeitig kritisierten sie die weiße Frauenbewegung: »Feminismus ohne Antirassismus ist rassistisch«.

Auch wenn der Streik das Land nicht völlig lahmlegte, zeigten sich CNT und CGT hochzufrieden. Trotz einer insgesamt eher geringen Beteiligung folgten in einigen Branchen rund 50 Prozent der Beschäftigten dem Aufruf. Im Transportwesen klafften die Angaben indes deutlich auseinander. Während die Gewerkschaften davon sprachen, dass sich 90 Prozent der Belegschaften daran beteiligten, erklärte das staatliche Eisenbahnunternehmen Renfe, lediglich knapp drei Prozent seien dem Aufruf gefolgt.

Die Frauensekretärin der CGT, Pilar Castiñeira, sagte am Donnerstag auf einer Pressekonferenz, die Teilnahme am Streik- und Aktionstag habe alle Erwartungen übertroffen. Auch die CCOO und UGT bewerteten die Teilnahme von sechs Millionen Arbeiterinnen und Arbeitern an ihrem partiellen Streik als vollen Erfolg.

 

veröffentlicht in jw am 10_3_2018