Spanisches Verfassungsgericht erklärt Volksbefragung vom vergangen November als verfassungswidrig
Am vergangenen Donnerstag verkündete das spanische Verfassungsgericht in Madrid seine Entscheidung über das von der katalanischen Regierung am 19. September verabschiedete Gesetz zur Abhaltung von Volksentscheiden. Die Richter erklärten einstimmig die nichtbindende Abstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens vom 9. November als verfassungswidrig.
2,3 Millionen Katalanen hatten an diesem Tag mit einer Mehrheit von über 80 Prozent für einen unabhängigen Staat gestimmt.
Der Präsident der Generalität, Artur Mas, erklärte nach dem endgültigen Aus für ein Referendum, die einzige Möglichkeit, über die Bildung eines eigenen Staates zu entscheiden, seien nun die Wahlen am 27. September.
Unterdessen hat am vergangenen Freitag der Oberste Gerichtshof Kataloniens den Einspruch von Präsident Mas und anderen Politikern die von rechten Organisationen vorgebrachte Klage wegen der Abhaltung der Volksbefragung im November abgewiesen. Somit wird gegen die Politiker weiterhin wegen Rechtsbeugung, Ungehorsam, Amtsmissbrauch und der Veruntreuung öffentlicher Gelder ermittelt. Einer Ausweitung der Klage wie von den Klägern gefordert, stimmten die Richter indes nicht zu.
Die Repressalien gegen die Unabhängigkeitsbewegung gehen auch an anderer Stelle weiter. Vergangene Woche wurde der Richter Santiago Vidal mit einer dreijährigen Amtssuspendierung belegt. Vidal hatte in seiner Freizeit an der Ausarbeitung eines Verfassungsentwurfes für ein unabhängiges Katalonien mitgewirkt.
Am 24. Mai stehen Gemeindewahlen an. Doch in der öffentlichen Aufmerksamkeit stehen die Neuwahlen des katalanischen Parlaments am 27. September. Die derzeitige Regierung des Parteienbündnisses Convergència i Unió (CiU) hat eine neuerlich Krise überwunden. Auslöser war diesmal die Abstimmung über den »Dschihadismuspakt« am 2. Februar. Die Liberalen innerhalb der CiU hatten sich enthalten, die Christdemokraten jedoch dafür gestimmt. Die Liberalen kritisierten, dass in dem Regelwerk der Begriff Terrorismus schwammig definiert wurde und auch die katalanische Unabhängigkeitsbewegung damit kriminalisiert werden könnte.
Zu einem Bruch des Bündnisses könnte die Entscheidung über eine einseitigen Erklärung der Unabhängigkeit der Region führen. Die Liberalen setzen auf eine Regierungskoalition mit der Republikanischen Linken (ERC), die sich klar für eine solche Ausrufung ausspricht, während die Christdemokraten diese ablehnen.
Inzwischen arbeitet die Partei von Mas gemeinsam mit der ERC eigene Staatstrukturen aus. Diese beinhalten die Bildung eines Finanzsytems, einer Krankenversicherung sowie eines Transportwesens.
Unterdessen haben die Ökosozialisten der ICV am vergangenen Samstag auf ihrem Parteitag die politische Ausrichtung zur Frage der Unabhängigkeit beraten. Mit großer Mehrheit stimmten die 900 Delegierten für ein souveränes, freies und sozial gerechtes Katalonien mit vollen Entscheidungskompetenzen gegenüber der Europäischen Union und dem spanischen Staat, jedoch innerhalb dessen administrativer Strukturen.
Die katalanische Nationalversammlung (ANC) trat am vergangenen Freitag zusammen. Unter dem Motto »27. September. Der Anfang von allem« erklärte ANC-Präsidentin Carme Forcadell: »Wir sind nicht müde, und die plebiszitären Wahlen am 27. September werden definitiv über die Zukunft Kataloniens entscheiden.« Die ANC rief erneut die Parteien zur Einheit auf, um nach den Wahlen im Herbst eine Regierung in einem unabhängigen Staat bilden zu können.
veröffentlicht in jw am 3_3_2015