IS bekennt sich zu Attentat in Barcelona

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Foto: Mela Theurer

13 Tote und über 80 Verletzte sind die vorläufige Bilanz des Anschlags auf der Rambla

Es war nicht eine Frage ob, sondern wann es passiert. Letztendlich markiert der 17. August den Tag eines der schrecklichsten Attentate, das der spanische Staat und die die Stadt Barcelona je erlebt hat. Im Herzen der katalanischen Metropole, der emblematischen Rambla, raste ein angemieteter Transporter in die Menschenmenge. 600 Meter legte das Fahrzeug auf dem Mittelstreifen der belebten Flaniermeile zurück, wo es ausgehend vom berühmten Brunnen von Canaletas letztendlich am Opernhaus Liceu zum Stehen kam. Der Fahrer flüchtete zu Fuss. 13 Tote, 15 Schwerverletzte und weitere 70 Verletzte sind die vorläufige Bilanz dieses Attentats. Mit der Bekenntnis des Islamischen Staats bestätigte sich im Laufe des Abends die Vermutung eines poltitisch motivierten Anschlags. Augenzeugen zufolge handelte es sich um einen offensichtlich unbewaffneten Fahrer, der nachdem der Transporter zum Stehen kam, in den an die Rambla grenzenden Stadtteil Raval flüchtete. Die Gegend wurde weiträumend abgesperrt und die umliegenden Gebäude evakuiert. Bis kurz vor Mitternacht galt ein Teil der Rambla als Sperrzone, weder Anwohner noch Touristen hatten bis dahin Zutritt zu ihren Wohnungen und Hotels.

Im Laufe des Abends wurden zwei Personen verhaftet. Josep Lluís Trapero, Major der katalanischen Mossos d’Esquadra erklärte auf einer Pressekonferenz die Zusammenhänge. Gegen 16.50 erfasste der Transporter mehr als 100 Personen auf der Rambla. Polizei und Krankenwagen waren sofort zur Stelle und es wurde katalonienweit sofort der “antiterroristische Plan” aktiviert, so Trapero

Im Rahmen dessen kam es zu zwei Festnahmen. Die beiden Personen haben laut den Mossos direkt etwas mit dem Fall zu tun , wobei es sich jedoch nicht um den Attentäter handeln soll.

Einer der Festgenommenen aus Ripoll, einer Kleinstadt in der Nähe Barcelonas und marokkanischer Herkunft, hat sich unbestätigten Quellen zufolge selbst gestellt, nachdem sein Fahndungsfoto veröffentlicht worden war. Dies bestätigte auch Ripolls Bürgermeister Der Festgenommene hatte zudem erklärt, seine Ausweispapiere seien vor kurzem von seinem 17 jährigen Bruder gestohlen worden.

Die katalanische Polizei bringt das Attentat mit der Explosion eines Hauses in einer ca. 150 km südlich von Barcelona gelegenen Siedlung in Al Alcanar, Montsià am Abend des 16. August in Verbindung. Dabei wurde eine Person getötet und mehrere verletzt. Nähere Angaben dazu machte die Polizei aus ermittlungstechnischen Gründen nicht.

Im Rahmen der Fahndung gab es einen weiteren Toten. Dabei handelt es sich laut Trapero um einen “gewöhnlichen Kriminellen”, der in eine Polizeikontrolle raste und drei Kilometer später gestellt und erschossen wurde, mit dem Fall allerdings nichts zu tun hat.

Inzwischen haben alle Politiker das Attentat verurteilt. Carles Puigdemont, Präsident Kataloniens flog aus seinem Urlaubsdomizil in Barcelona ein und präsidierte den kurzfristig einberufenen Krisenstab. In einer ersten Pressekonferenz dankten sowohl er, wie auch die Bürgermeisterin Barcelonas Ada Colau den Einsatzkräften im sanitären wie auch im investigatorischen Bereich für ihre Effizienz.

Carles Puigdemont hob die Zusammenarbeit zwischen den verschieden Polizeikräften Mossos d’Esquadra, der Stadtpolizei Guardia Urbana und der nationalen Polizeikräfte hervor. Es gab eine hervorragende Zusammenarbeit und Koordination so Puigdemont. Bis vor Kurzem war die Kompetenz der Mossos noch Streitpunkt mit der spanischen Regierung, da die katalanische Polizei keinen Einblick in internationale Register hatte. Dies wurde nach einer kürzlich einberufenen Konferenz revidiert und seitdem haben die Mossos wieder Zugriff auf internationalen Daten.

Auch Ministerpräsident Mariano Rajoy gab dem Attentat höchste Bedeutung. Er brach seinen Urlaub in Pontevedra ab und begab sich ebenso wie die Vizepräsidentin Saénz Santamaria und der spanische Innenminister nach Barcelona. Seit Beginn des Attentats war er telefonisch über die Ermittlungen informiert worden.

Bisher gab es neben den Verurteilungen des Attentats noch keine politische Statements. In seiner Erklärung gegen Mitternacht verurteilte Rajoy das Attentat und sprach den Angehörigen sein Mitgefühl aus.

Puigdemont und die Bürgermeisterin Ada Colau machten in einer ersten Erklärung Front gegen eine mögliche Islam-Phopie. Katalonien ist ein friedvolles Land, wir wollen Flüchtlinge aufnehmen und setzen weiterhin auf Pluralität, eine offene und humane Gesellschaft, die verschiedenste Kulturen und Lebensweisen respektiert. Das lassen wir uns auch nicht durch die Schrecken eines indiskriminierten Terrorismus nehmen, betonten sowohl Puigdemont wie auch Colau auf einer Pressekonferenz Abend des Attentats. Sie bedankten sich für die Solidarität auf internationalem und lokalem Niveau.

Warum trifft es gerade Barcelona? Diese Frage war in aller Munde. Die katalanische Metropole ist Hauptstadt des Tourismus. Seitdem sich nordafrikanische Länder, wie Ägypten oder Tunesien oder auch das Billigurlaubland Türkei aufgrund der instabilen politischen Situation und der Attentate der letzen Jahre als unsicher gezeigt hatten, erlebte die katalanische Metropole einen noch stärkeren Aufschwung. Für das Profil der Anschläge, die der Islamische Staat in den letzten Jahren innerhalb Europa gezeigt hat, war Barcelona immer Zielscheibe. Es ist der siebte Anschlag nach demselben Muster und er konnte auch nicht verhindert werden, obwohl die islamische Gemeinde und einzelne Personen sind seit Jahren Überwachung und Repression ausgesetzt sind. Einmal mehr zeigt sich, dass sich diese Art der Anschläge nicht nicht verhindern lassen. “Das Mitgefühl gilt den Opfern, sie und ihre Familien haben erste Priorität”, so Ministerpräsident Puigdemont. Bleibt zu hoffen, dass sich die Repression im Rahmen der Fahndungserfolge nicht wie in den letzten Jahren, z.B. in der Operation Dixan zu Verhaftungen und Verurteilungen ohne Beweise führt. Eine wichtige Arbeit der antirassistischen Gruppen infolge dieses Anschlages wird auch die Bekämpfung der Islam-Phobie und polizeiliche Verfolgung Menschen mit möglichem islamischen Hintergrund sein. Rassistische Gruppierungen warteten schon lange auf diese Gelegentheit, um sie für ihre Propaganda auszuschlachten.

In der Gemeinde Cambrils bei Tarragona versuchte wenige Stunden nach dem Attentat in Barcelona ein Lieferwagen Fussgänger auf der Hafenpromenade zu überfahren. Kurz nach ein Uhr waren viele auf dem Heimweg von einem Konzert. Im Schusswechsel mit der Polizei wurden alle fünf Insassen des Fahrzeugs getötet. Polizeiangaben zu Folge trugen die Männer Sprengstoffgürtel. Unter den sechs Verletzten dieses Anschlags, befinden sich zwei in kritischem Zustand.

Um 12 Uhr wird es am heutigen Freitag in Barcelona eine Gedenkveranstaltung geben. Neben Vertretern der katalanischen Regierung wird auch die spanische Regierungsspitze daran teilnehmen. Auch der spanische König hat sich angekündigt.

Eine Zusammenfassung ist auch in der online Ausgabe der jw zu finden:

veröffentlich in jw_18_8_2018_online