Der Drahtzieher des Attentats von Barcelona wurde bereits seit 2005 observiert. Fehlender Austausch von Daten verzögerte die Ermittlungsarbeiten. Spaniens Innenminister Zoido unter Druck
Am 17. August war ein Transporter in die Rambla, Barcelonas Flaniermeile gerast. Dabei wurden 13 Personen getötet und 130 verletzt. Bei seiner Flucht erstach der Attentäter einen jungen Mann, um an dessen Auto zu gelangen und verletzte beim Durchbrechen einer Verkehrskontrolle eine Polizistin leicht. Fünf Tage später wurde der 22-jährige Hauptverdächtige 50 Kilometer westlich von Barcelona von der katalanischen Polizei den Mossos d’Esquadra erschossen.
Bereits kurz nach dem Anschlag in Barcelona stellte die katalanische Polzei einen Zusammenhang mit einer am Vorabend stattgefundenen Explosion in einem Haus im südkatalanischen Alcanar her. Dort waren zwei Personen getötet und eine verletzt worden. Bei den Aufräumarbeiten kam es zu einer weiteren Explosion, mit neun Verletzten. Über 100 Butangasflaschen wurden sichergestellt. Inzwischen wurde bekannt, dass die Attentäter damit verschiedene Ziele in Barcelona, darunter die Sagrada Familia angreifen wollten. Dank der Explosion der Flaschen konnte Schlimmeres verhindert werden.
In der Nacht nach dem Anschlag auf den Ramblas kam es in der Kleinstadt Cambrils nahe Tarragona zu einem weiteren Attentat. Dort waren fünf Männer mit einem Audi in eine Menschenmenge auf der Hafenpromenade gefahren, wobei eine Frau starb und mehrere Personen verletzt wurden. Sie wurden von der Polizei gestellt und erschossen. Die Sprengstoffgürtel die sie trugen, stellten sich als Atrappen heraus. Offenbar hatten sie vor, mit Messern und einer Axt die Passanten auf der Promenade anzugreifen. Im Auto waren mehrere dieser Waffen gefunden worden.
Verschiedene Indizien und Hinweise, sowie die Identifierung der Attentäter von Cambrils führten in die katalanische Kleinstadt Ripoll.Im Laufe der Ermittlungen bestätigte sich, dass der Imam der dort ansässigen muslimischen Gemeinde Abdelbaki Es Satty einer der bei der Explosion Getöteten war. Er gilt als Drahtzieher der Anschläge und soll die jungen marokkanischen Männer für den IS rekrutiert haben. Den spanischen Behörden war Es Satty kein Unbekannter. Wegen Drogendelikte sass er in Haft und machte dort laut der Tageszeitung El Pais Bekanntschaft mit Rachid Aglif, der wegen der Anschläge von 2004 in Madrid zu 18 Jahren veurteilt worden war. Damals hatte sich Al Quaida zu den Attentaten bekannt, bei denen 191 Personen getötet wurden. Das spanische Justizministerium gab inzwischen bekannt, dass El Sattys nach seiner Entlassung 2012 kurz vor der Abschiebung stand und räumte es als schweren Fehler ein, stattdessen auf seine Integration gesetzt zu haben.
Trotz schneller Fahndungserfolge standen die Ermittlungen im Zeichen der politischen Spannungen zwischen Madrid und Barcelona. Innenminister Zoido sorgte mit einer Erklärung für Aufsehen, das Attentat auf den Ramblas hätte verhindert werden können, wenn dort wie auf Anraten aus Madrid, Poller aufgestellt worden wären. Zoido bezog sich auf ein Empfehlungsschreiben des Innenministeriums nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt, mit dem Hinweis während der Weihnachtszeit besondere Sicherheitsvorkehrungen zu treffen. Barcelonas stellvertretender Bürgermeister Gerardo Pisarello antwortete auf die Schuldzuweisungen, die Antiterrormaßnahmen bestimme Madrid und man habe sich nie geweigert, Poller oder sonstiges aufzustellen.
Im Januar hatte Zoido allerdings erklärt, Spanien sei absolut sicher und ein Anschlag wie in Berlin könne aufgrund einer extrem hohen Polizeikoordination nicht passieren. Spanische Polizeigewerkschaften behauptet indessen, die katalanische Polizei hätte aus politischen Gründen Eigenständigkeit demonstrieren wollen und kritisierten fehlende Zusammenarbeit. Die Guárdia Civil hätte mit einem einzigen Knopfdruck Amtshilfe leisten und Informationen über den Imam El Satty schicken können, so die Gewerkschaften. Laut der rechtenTageszeitung ABC verfügte die spanische Policía Nacional über brisante Daten, die jedoch weder der Guárdia Civil noch den Mossos zugänglich waren. Demnach wurde El Satty bereits 2005 überwacht und immer wieder mit islamistischen Zellen in Verbindung gebracht.
Die katalanische Polizei war vom spanischen Gerichtshof Audiéncia Nacional mit den Ermittlungen beauftragt worden. Diese wurden allerdings erschwert, weil die Mossos d’Esquadra keinen Zugang zu den Daten des Zentrums zur Bekämpfung von Terror und organisierter Kriminalität (CITCO) haben. Anfang Juli war es nach acht Jahren zu einem ersten Treffen zwischen Innenministerium und katalanischer Regierung gekommen, auf dem unter anderem.die Rolle der Mossos neu definiert und ihnen der Zugang zu den CITCO Daten garantiert werden sollte, was bis jetzt allerdings noch nicht erfolgte.
Auf einer Sonderkonferenz an der am vergangenen Donnerstag unter anderem die Bürgermeisterin Colau und der katalanische Innenminister Forn teilnahmen wurde eine Verstärkung der Polizeipräsenz an frequentierten Plätzen und Tourismusgebieten beschlossen. Auch die Aufstellung mobiler Poller und die Sperrung bestimmter Straßen für den Verkehr sollen mehr Sicherheit gewähren.