Gewalt statt Verhandlung

Foto: Mela Theurer

In den frühen Morgenstunden wurden in Premià de Mar das seit vier Jahren besetzte soziale Zentrum Can Sanpere und die daran angrenzenden Wohnungen brutal geräumt. Die Kleinstadt verteidigt die dort verankerten sozialen Projekte und kollektiven Lebensformen und mobilisiert gegen die Räumung

Um drei Uhr morgens alarmierten AnwohnerInnen aus Premià de Mar die Mitglieder der Plattform Can Sanpere, dass ein großes Aufgebot der mobilen Einsatztruppe der katalanischen Polizei Mossos d’Esquadra (BRIMO) in den umliegenden Straßen gesichtet worden war. Kurz darauf begannen diese mit der brutalen Räumung des seit vier Jahren besetzten sozialen Zentrums Can Sanpere und der angrenzenden besetzten Wohnhäuser. Bereits wenig später fanden sich um die 200 UnterstützerInnen ein, um die Räumung zu stoppen. Die Mediatoren der Mossos, die bei der bereits für den 5. Mai angesetzten Räumung Verhandlungen zugesichert hatten, versuchten auch diesmal, die Protestierenden hinzuhalten. Ihre Kollegen schafften indessen jedoch Tatsachen. Das soziale Zentrum, das über 80 Initiativen einen Raum für kollektive, soziale und politische Betätigung bot, wurde innerhalb kürzester Zeit dicht gemacht. Die BewohnerInnen aus den an das ehemalige Fabrikgebäude angrenzenden Wohnungen wurden brutal geräumt. Weder ihnen noch den Kollektiven wurde gestattet, Material, Unterlagen und persönliche Dinge aus den Gebäuden mitzunehmen.

Das Projekt Can Sanpere war inmitten der nördlich von Barcelona liegenden Kleinstadt Premià de Mar mit knapp 30.000 EinwohnerInnen Mittelpunkt eines sozialen und kollektiven Miteinanders. Um die 80 Initiativen hatten sich dort etabliert und boten besipielsweise kostenlosen Nachhilfe- sowie Sprachunterricht für MigrantInnen an. Eine Kleiderbörse, Werkstätten aller Art waren dort ebenso verankert wie politische und soziale Initiativen. Um eine drohende Räumung zu umgehen, war vor drei Jahren eine Volksbefragung gestartet worden, bei der für den Erhalt des Zentrums und der besetzten Wohnungen gestimmt worden war. Die Immobilienfirma Nuñez y Navarra, bekant für ihre massive Spekulationspraxis, ließ sich davon jedoch nicht beeindrucken und erlangte einen richterlichen Räumungsbefehl. Eine erste angesetzte Räumung war Anfang Mai am breiten Widerstand der Bevölkerung gescheitert. Der Überraschungsaktion von heute konnte jedoch nichts entgegengesetzt werden.

Die EinwohnerInnen aus Premià geben sich derweil jedoch nicht geschlagen. Am heutigen Abend versammelten sich vor dem Rathaus mehrere hundert Personen, um auf einer Kundgebung und einer daran anschließenden Demonstration gegen die Räumung zu protestieren. Weitere Aktionen sind angekündigt. Bei Can Sanpere handelt es sich um ein buntes, soziales Projekt, indem Menschen aus unterschiedlichen Kulturen, Altersstufen und verschiedensten politische Strömungen vereint sind. „Dafür stehen und kämpfen wir, wir lassen uns unsere kollektiven Strukturen nicht einfach widerstandslos nehmen“, so ein Mitglied der Plattform vor der Presse.