Tausende Menschen demonstrieren in Barcelona gegen Sitzung des spanischen Kabinetts
In Barcelona und anderen Städten Kataloniens haben am Freitag Tausende Menschen gegen eine Sitzung des spanischen Kabinetts demonstriert, die der sozialdemokratische Regierungschef Pedro Sánchez in der katalanischen Hauptstadt einberufen hatte. Bereits am Vorabend hatten sich Hunderte vor dem Hotel versammelt, in dem eine vom Unternehmerverband für Sánchez organisierte Gala stattfand, an der auch der katalanische Ministerpräsident Joaquim Torra teilnahm. Am Freitag morgen ging es dann bereits um fünf Uhr mit Blockaden von Autobahnen und der Hauptzufahrtsstraßen Barcelonas weiter. Die von den »Komitees zur Verteidigung der Republik« (CDR) organisierten Aktionen brachten den ganzen Morgen über den Verkehr zum Stillstand. Hinzu kamen Fahrzeugkorsos, die im Schrittempo
durch die Metropole fuhren. Das im Vorfeld befürchtete Chaos blieb trotzdem aus, da viele Menschen auf öffentliche Verkehrsmittel umgestiegen waren.
Nahezu ungehindert konnten die aus Madrid angereisten Minister zum Tagungsort gelangen. Dort jedoch wurden sie von lautstarkem Protest empfangen. Anwohner schlugen auf Kochtöpfe und zeigten dem Kabinett so, dass es nicht willkommen war. Die CDR hatten derweil vier dezentrale Demonstrationen organisiert, aus denen heraus immer wieder versucht wurde, die weiträumig abgesperrte Sicherheitszone um die Tagung zu durchbrechen. Polizisten gingen mit Schlagstöcken gegen die Demonstranten vor, bis sich Feuerwehrleute zwischen die Fronten stellten. Bis zum Mittag wurden elf Festnahmen und rund 20 Verletzte gemeldet, darunter vier Polizisten.
Rund 3.000 Menschen beteiligten sich an einer von der Kulturorganisation Òmnium Cultural organisierten »alternativen Ministertagung« und forderten dabei die Freilassung des Òmnium-Vorsitzenden Jordi Cuixart, der wie acht weitere Politiker seit über einem Jahr in Untersuchungshaft sitzt. Keine offiziellen Zahlen gab es darüber, wie viele Menschen dem Aufruf der Intersindical-CSC zum Generalstreik gefolgt waren. Trotzdem zog der Gewerkschaftsbund eine positive Bilanz. Man habe die Forderungen der Arbeiterbewegung in die Proteste hineingetragen.
Sánchez hatte die erste Sitzung eines spanischen Kabinetts in Katalonien seit 42 Jahren als Geste an die Befürworter einer Unabhängigkeit verstehen wollen. Doch die Gräben bleiben tief, denn der Ministerpräsident hat wenig anzubieten. So blieb es bei der Geste, dem Flughafen El Prat bei Barcelona den Namen von Josep Tarradellas zu verleihen. Dieser hatte während der Franco-Diktatur der letzten Exilregierung Kataloniens vorgestanden. Zudem verabschiedete das Kabinett eine Erklärung, in der es die 1940 erfolgte Hinrichtung des damaligen katalanischen Ministerpräsidenten Lluís Companys durch die Faschisten verurteilt.
veröffentlicht in jw am 22_12_2018