Regierungskrise in Barcelona

Katalonien: Antikapitalistische CUP stimmt gegen Haushaltsentwurf. Kabinett sieht Unabhängigkeitsprozess in Gefahr
In Katalonien steht das Regierungsbündnis zwischen der republikanischen Mitte-rechts-Allianz Junts pel Sí (Gemeinsam für das Ja) und der antikapitalistischen Kandidatur der Volkseinheit (CUP) vor dem Auseinanderbrechen. Am Mittwoch votierten die Abgeordneten der CUP im Regionalparlament gegen das vom Kabinett vorgelegte Budget der autonomen Gemeinschaft. Da auch die Oppositionsparteien gegen die Vorlage stimmten, wurde der Haushalt abgelehnt.

Seit Januar wird Katalonien von einer Minderheitsregierung geführt, die von Junts pel Sí gestellt wird. Diese Allianz wurde vor den Wahlen im letzten Jahr von der sozialdemokratisch orientierten Republikanischen Linken (ERC) und der liberalen Demokratischen Konvergenz (CDC) gebildet und soll die Region in die Unabhängigkeit von Spanien führen.

Dieses Ziel teilt das Bündnis mit der linken CUP, die deshalb das Kabinett toleriert.

Nach dem Eklat im Parlament kündigte Ministerpräsident Carles Puigdemont an, die Vertrauensfrage stellen zu wollen. Die Haltung der CUP sei eine Verletzung des im Januar geschlossenen Abkommens zwischen beiden Seiten. Darin ist festgeschrieben, dass innerhalb von 18 Monaten die Unabhängigkeit erreicht werden soll. Die Antikapitalisten kritisieren jedoch, dass die Haushaltspläne staatskonform und nicht auf einen Bruch mit der Zentralregierung gerichtet seien. Zwar könne die Erhöhung des Sozialetats auf 873 Millionen Euro weite Teile des von der CUP geforderten Sofortprogramms gegen Armut abdecken. Der katalanische Finanzminister Oriol Junqueras habe sich jedoch nicht genügend den Vorgaben aus Madrid widersetzt. Tatsächlich blieb der ERC-Politiker mit dem veranschlagten Budget innerhalb der vom spanischen Finanzminister Cristóbal Montoro erlaubten Erhöhung des Defizits auf bis zu 0,7 Prozent. Die CUP fordert dagegen, die Steuereinnahmen einzurechnen, die der katalanischen Regierung auf Anordnung des spanischen Verfassungsgerichts fehlen. Das betrifft die erst kürzlich eingeführten Abgaben auf leerstehende Wohnungen und auf die Nutzung der Atomkraft. Beide Gesetze hatten die Madrider Richter gekippt. Die CUP kritisierte zudem, dass Junts pel Sí im Vorfeld der Abstimmung nicht das Gespräch gesucht habe, um einen Konsens zu finden.

Während Puigdemont selbst Neuwahlen nicht ausgeschlossen hatte, falls der Haushalt abgelehnt würde, sieht die CUP in ihrer Haltung keinen Vertrauensbruch. Kritik daran kommt jedoch auch aus den eigenen Reihen. Nachdem der Politische Rat der CUP bei einer Sondersitzung am Dienstag mit knapper Mehrheit entschieden hatte, gegen die Haushaltspläne zu stimmen, protestierten am Mittwoch Teile des Bündnisses öffentlich gegen die Entscheidung. Die CUP-Abgeordnete Anna Gabriel verteidigte dagegen die Haltung der Fraktion. Der Ministerpräsident könne weiter mit der Unterstützung ihrer Abgeordneten rechnen, wenn er den Unabhängigkeitsprozess weiter voranbringe. »Wir sind auf einem guten Weg«, bekräftigte sie. Allerdings solle das Programm zur Loslösung vom spanischen Staat konkretisiert werden. Man brauche die Grundlagen, auf deren Basis in 13 Monaten die Unabhängigkeit Kataloniens proklamiert werden könne, forderte sie. Dazu gehöre ein auch ohne Genehmigung aus Madrid durchgeführtes Referendum über die Unabhängigkeit.

Wenig Hoffnung setzt Gabriel in eine mögliche Linksregierung in Madrid nach den spanischen Parlamentswahlen am 26. Juni. Die Neuwahlen wurden nötig, weil nach den Wahlen im Dezember keine der Parteien eine Mehrheit für eine Regierungsbildung erreichte. Im Unterschied zu damals treten diesmal Podemos und die Vereinte Linke (IU) gemeinsam an. Jüngste Umfragen sehen ihr Bündnis »Juntos Podemos« (Gemeinsam können wir) im Aufwind und teilweise schon vor den Sozialdemokraten der PSOE. Die Linken sprechen sich dafür aus, in Katalonien die Durchführung eines Referendums zu ermöglichen. Mit der PSOE dürfte das jedoch nicht zu machen sein.
veröffentlicht am 10_6_2016