Spanien: Madrid will Katalanisch aus dem Schulunterricht verbannen
Auch drei Wochen nach den Neuwahlen zum katalanischen Parlament am 25. November, bei denen keine der Parteien eine absolute Mehrheit erreichen konnte, ist noch keine Entscheidung über die neue Regierung der autonomen Region in Spanien gefallen. Die konservative katalanistische Convergència i Unió (CiU) wird voraussichtlich wieder die Regierung stellen, ist jedoch auf eine Koalition oder auf die Unterstützung einer Minderheitsregierung angewiesen.
Die bislang einzige Option für die Partei des bisherigen Regierungschefs Artur Mas sind die aus den Wahlen als zweitstärkste Kraft hervorgegangenen sozialdemokratischen Katalanisten der Esquerra Republicana (ERC), da die Sozialistische Partei (PSC) unter Pere Navarro sich im Gegensatz zur CiU für eine föderalistische Lösung innerhalb Spaniens ausspricht und die linksökologische Iniciativa per Catalunya/Verds (ICV) die Ablösung von Mas als Regierungschef fordert. Oriol Junqueras, der Vorsitzende der ERC, hat der CiU klare Bedingungen gestellt, unter denen die ERC eine Minderheitsregierung unterstützen würde, während er einer Koalition eine Absage erteilte. Im Mittelpunkt der Verhandlungen stehen die Sparpolitik, bei der einige Vereinbarungen erzielt werden konnten. So hat CiU den Forderungen der ERC zugestimmt, die Erbschafts- und Vermögenssteuer zu erhöhen sowie eine Mautgebühr in Form einer Vignette für den Schwertransport einzuführen.
Am vergangenen Freitag gerieten die Verhandlungen jedoch wegen der Divergenzen um die Festlegung eines Termins für den geplanten Volksentscheid über die Souveränität Kataloniens ins Stocken. Junqueras zeigte sich allerdings optimistisch, daß es noch zu einer Einigung über diesen Punkt kommen wird. ERC insistiert auf der Festlegung eines Datums für das Referendum, um so gezielt auf die Unabhängigkeit hinarbeiten zu können und nicht länger den Angriffen des spanischen Staates auf Ökonomie und Kultur ausgesetzt zu sein.
Als einen solchen sehen die Katalanen auch den jüngsten Vorstoß von Spaniens Bildungsminister José Ignacio Wert. Dieser hatte im vergangenen Monat einen Gesetzentwurf zur Bildungsreform vorgelegt, der unter anderem vorsieht, den Eltern an den Schulen eine rein spanische Erziehung zu ermöglichen. Dafür sah Wert vor, die Einschreibung an privaten Schulen anzubieten, an denen nur auf Spanisch unterrichtet wird. Finanziert werden soll dieses Modells jedoch durch die Generalitat, die katalanische Regierung. In einem Land, in dem unter Franco die katalanische Sprache verboten war und erst 1983 mit dem Gesetz zur sprachlichen Normalisierung wieder im Bildungssystem verankert wurde, trifft der Minister mit seinem Entwurf einen neuralgischen Punkt. Inzwischen hat sich sogar der Verband der privaten Schulen dagegen ausgesprochen, Spanisch als einzige Unterrichtssprache einzuführen. Am 7. Dezember wurden in über 60 Gemeinden mit großer Beteiligung Kundgebungen und Demonstrationen gegen den Angriff auf die katalanische Sprache durchgeführt. Allein in Barcelona demonstrierten mindestens 5000 Menschen.
Zu einer der größten Aktionen kam es in Castelló de la Plana. Hier demonstrierten nach Angaben der Initiative »Castelló per la llengua« 1500 Menschen für den Erhalt des Bildungssystems in Katalanisch. Im Baskenland bezeichnete das Linksbündnis Bildu den Entwurf als einen Rückfall in die Franco-Ära, und alle Parteien außer Werts eigener PP lehnten den Gesetzentwurf ab.
veröffentlicht in jw am 17_12_2012