Weg von Spanien

Katalonien wählt am Sonntag ein neues Parlament. Unabhängigkeit von Madrid im Mittelpunkt der Kampagnen

An diesem Sonntag wird in Katalonien zum zehnten Mal seit 1980 das Parlament der autonomen Region gewählt. Das Parlament de Catalunya sieht sich trotz der 40 Jahre dauernden Unterbrechung unter der Franco-Diktatur als Nachfolger der bereits im 18. Jahrhundert gegründeten Corts Catalanes und ist damit eines der ältesten Parlamente Europas. Doch mehr noch als vergangene Abstimmungen haben die Wahlen am 25. November historischen Charakter, denn es geht diesmal nicht nur um eine neue Regierung.

Im Mittelpunkt der Diskussionen steht die Frage, ob innerhalb der nächsten vier Jahre ein Referendum durchgeführt werden soll, das den Weg zur Unabhängigkeit Kataloniens öffnen könnte.

Der Wahlkampf zeichnete sich durch im wesentlichen drei unterschiedliche Positionen aus. Einerseits die Parteien, die sich für ein Referendum aussprechen und die mehrheitlich auch für die Unabhängigkeit eintreten. Weiter die rechten Kräfte, die gegen einen Volksentscheid auftreten und die Unabhängigkeit als verfassungswidrig ablehnen, und schließlich in der Mitte solche Parteien, die ein föderalistisches System als Lösung vorschlagen. Die Loslösung vom spanischen Staat wurde somit zum zentralen Wahlkampf­thema und hat wichtige soziale Themen in den Hintergrund treten lassen. Es bleibt abzuwarten, ob die bürgerlichen Katalanisten der CiU, die maßgeblich für die Kürzungen im Sozial- und Bildungsbereich verantwortlich sind, eine absolute Mehrheit erreichen können. Die letzten Wahlprognosen sagten zwar einen starken Stimmengewinn der CiU voraus, das Erreichen der für die Alleinregierung notwendigen 68 Mandate gilt jedoch als unsicher.

Offen ist auch das Rennen darum, wer zweitstärkste Kraft wird. Die rechte Volkspartei PP, ehemaliger Bündnispartner der CiU und Regierungspartei in Madrid, konkurriert um diesen Platz mit der Republikanischen Linken ERC. Ein Einbruch der sozialdemokratischen PSC, die bislang 28 Abgeordnete stellte, scheint außer Frage. Von deren Verlusten dürfte auch das links-ökologische Bündnis ICV-EUiA, an dem auch die katalanischen kommunistischen Parteien beteiligt sind, profitieren.

Eine weitere Stimmenverlagerung kann es bei den kleineren Parteien geben. Erstmals tritt die Kandidatur der Volkseinheit CUP zur Wahl an, eine basisdemokratische sozialistische Partei, die auf ihrer wichtigsten Veranstaltung in Barcelona den Saal mit 3000 Leuten füllen konnte, während über 400 Personen der Kundgebung draußen auf einer Großleinwand folgen mußten. Die CUP, die bereits in über 50 Rathäusern vertreten ist, vertritt als antikapitalistische Unabhängigkeitspartei ein alternatives Programm, in dessen Mittelpunkt soziale Fragen stehen. Unterstützt wurde die CUP auch von dem bekannten baskischen Politiker Arnaldo Otegi, der aus dem Gefängnis heraus eine Grußbotschaft geschickt hat. Die baskische Bildu und die Andalusische Arbeitergewerkschaft SAT haben der CUP ebenfalls unter großem Beifall ihre Unterstützung erklärt.
veröffentlicht in jw am 24_11_2014