Am 1. Oktober sollen die KatalanInnen über ihre Unabhängigkeit von Spanien abstimmen. Die Vorbereitungen für das Referendum laufen
Am 1. Oktober sind mehr als fünf Millionen Katalaninnen und Katalanen aufgerufen, über die Frage »Soll Katalonien ein unabhängiger Staat in Form einer Republik werden?« zu entscheiden. Am 9. Juni hatte der katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont diese Fragestellung und das Datum des Plebiszits festgelegt, obwohl aus Madrid ein kategorisches »Nein« zu Verhandlungen über einen bindenden Volksentscheid gekommen war. Seitdem laufen die Vorbereitungen, um auch gegen den Willen der spanischen Zentralregierung eine demokratische Abstimmung garantieren zu können.
Das katalanische Parlament beschloss am 26. Juli mehrheitlich eine Reform der Parlamentsgeschäftsordnung, wodurch unter anderem die Verabschiedung von Gesetzen vereinfacht und die Sommerpause um zwei Wochen verkürzt wurde. Nur knapp eine Woche dauerte es, bis das Verfassungsgericht auf Antrag der postfranquistischen Volkspartei (PP) und der neoliberalen »Bürger« (Ciutadans) die Reform kippte.
Im Rahmen der Vorbereitungen für das Referendum ist ein »Übergangsgesetz«, das Llei de transitorietat, in Arbeit. Es soll die juristischen Grundlagen für den Übergang zur neugegründeten Republik festlegen. Um ein neuerliches Verbot aus Madrid zu verhindern, soll es allerdings erst dann veröffentlicht werden, wenn am 1. Oktober eine Mehrheit für die Unabhängigkeit stimmt.
Einen weiteren Entwurf brachten Mitglieder des Regierungsbündnisses »Gemeinsam für das Ja« (Junts pel Sí) zusammen mit Abgeordneten der antikapitalistischen »Kandidatur der Volkseinheit« (CUP) am 31. Juli im katalanischen Parlament ein. Das sogenannte Referendumsgesetz soll die Grundlage und Garantien für den Volksentscheid schaffen. Zudem sieht es vor, im Falle einer Mehrheitsentscheidung für die Unabhängigkeit zwei Tage nach den Wahlen eine unabhängige Republik auszurufen. Für den Fall, dass die Abtrennung von Spanien abgelehnt wird, sind umgehende Neuwahlen vorgesehen.
Das Verfassungsgericht drohte inzwischen der katalanischen Parlamentspräsidentin Carme Forcadell und den übrigen Präsidiumsmitgliedern mit Strafverfolgung, falls sie den Gesetzentwurf zur Debatte stellen. Bereits im Mai mussten sich Forcadell und weitere vier Kollegen vor dem Obersten Gerichtshof Kataloniens (TSJC) verantworten. Ihnen wird Rechtsbeugung und Ungehorsam gegenüber dem Verfassungsgericht vorgeworfen, weil sie im Oktober 2016 eine Parlamentsdebatte und die Abstimmung einer Resolution über das Unabhängigkeitsreferendum zugelassen hatten. Schon im Zusammenhang mit der unverbindlichen Volksbefragung vom 9. November 2014 waren der damalige Ministerpräsident Artur Mas sowie drei weitere Regierungsmitglieder zu Geldstrafen und Amtsverbot verurteilt worden.
Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy (PP) kündigte bereits an, auch das Referendumsgesetz vor das Verfassungsgericht bringen zu wollen. Er bekräftigte in einer Pressekonferenz am vergangenen Montag, dass die Volksabstimmung unter keinen Umständen stattfinden werde, da sie illegal sei. Unterstützung bekam er in dieser Frage auch vom Chef der sozialdemokratischen PSOE, Pedro Sánchez. Dieser distanzierte sich allerdings von der Drohung der Zentralregierung, bei Abhaltung des Referendums das katalanische Autonomiestatut außer Kraft zu setzen. Kataloniens Ministerpräsident Carles Puigdemont bekräftigte dagegen, dass die Katalanen zu den Urnen gerufen werden. Gleichzeitig bot er Madrid erneut an, über die Modalitäten des Loslösungsprozesses zu verhandeln, wenn das »Ja« gewinnt.
Höhepunkt der Mobilisierung wird auch in diesem Jahr wieder der katalanische Nationalfeiertag am 11. September sein. Die Katalanische Nationalversammlung, ein breites Bündnis von Unabhängigkeitsbefürwortern, ruft zu mehreren Demonstrationszügen in Barcelona auf, die in Form eines Kreuzes zusammenkommen sollen – als Symbol für die Abstimmung am 1. Oktober.