Hasta la vista, Turista!

Foto: Mela Theurer

Mehr als 3000 Personen demonstrieren in Palma de Mallorca gegen die „Touristifizierung“ der Balearen

Unter dem Motto: »Bis hierher und nicht weiter – Massentourismus stoppen« hat am Samstag in Palma de Mallorca eine Demonstration der Initiative »Asamblea 23-S« stattgefunden. Mehr als 3.000 Menschen gingen auf die Straße und forderten von der balearischen Regierungskoalition aus Sozialdemokraten (PSOE), Podemos und Més per Mallorca, einem Bündnis aus Grünen und Linksnationalisten, ein neues Tourismuskonzept.

Trommler der Gruppe Kalemba führten den Demonstrationszug an. »Wir wollen die Insel vor dem Massentourismus schützen, der die Ressourcen erschöpft, dafür trommeln wir heute«, erklärte Aina Pastor. Auf Plakaten war zu lesen: »Tourist go home – refugees welcome«.

Margalida Ramis, Sprecherin der Naturschutzorganisation GOB, hatte im Vorfeld gegenüber der Zeitung Diario de Mallorca erklärt, es sei an der Zeit, dass die Regierung Alternativen zum derzeitigen Finanzierungsmodell suche. Durch den Massentourismus sei die Insel in vielen Bereichen an ihre Grenzen gestoßen, es sei an der Zeit, sich auf Werte wie Ökologie und Nachhaltigkeit zu besinnen.

Der Protestmarsch, zu dem Dutzende Umweltschutzorganisationen aufgerufen hatten, richtete sich unter anderem gegen das Anfang September von der Regierung in Palma verabschiedete Gesetz, das die Vermietung von Privatwohnungen an Touristen regelt. Die Veranstalter kritisieren, dass darin nicht entschieden genug gegen Vermietungsplattformen und Privatanbieter vorgegangen werde.

Bereits seit 2013 dürfen in Palma nur noch freistehende Häuser und bestimmte Reihenhäuser privat vermietet werden, sonst drohen hohe Strafen. Allerdings fehlt es an Kontrollinstanzen, und von den 22.000 Betten, die im vergangenen Jahr privat vermietet wurden, fehlte bei 90 Prozent der Anbieter die erforderliche Lizenz.

Über den Marktführer unter den Vermietungsplattformen im Internet, »Airbnb«, kamen 2016 mit 5,4 Millionen mehr als die Hälfte der Touristen auf der Insel unter. Dieser Ansturm bringt gravierende Probleme mit sich. Längst verteilen sie sich nicht mehr nur auf die Hotelanlagen. Das Zusammenleben von feiernden Urlaubern und arbeitender Bevölkerung gestaltet sich schwierig.

Anhaltende Lärmbelästigung und vor allem eine rasante Veränderung der Sozialstruktur in den Stadtteilen bringen die Anwohner auf die Straße. Durch die zunehmenden Kurzzeitvermietungen an Touristen wird Wohnraum knapp und unbezahlbar. So sind in Palma die Mieten in den vergangenen vier Jahren um 40 Prozent gestiegen. Große Teile der Bevölkerung können sich dies nicht mehr leisten und werden aus ihren Stadtteilen vertrieben. Nachbarschaften brechen auseinander, und das Recht auf bezahlbaren Wohnraum wird ausgehöhlt.

Auf der Baleareninsel sind die Kapazitäten für Zuzug inzwischen ausgeschöpft. Der erhebliche Anstieg des Tourismus bringt nicht nur soziale Veränderungen, sondern hinterlässt auch in der Umwelt Spuren. Das Wasser ist vor allem in den Sommermonaten knapp, und die Reserven reichen nicht aus, um dem Touristenansturm gerecht zu werden.

Ein Urlauber verbraucht dreimal so viel Wasser wie ein Einheimischer, errechnete Ivan Murray, Geograph an der Universität der Balearen in Palma. Deshalb fordern viele von der Regierung eine Wirtschaftspolitik, die die Abhängigkeit der Inseln vom Tourismus vermindert.

Umweltschützerin Ramis bekräftigte in einem Radiointerview mit dem Sender Ona Mediterrània: »Wir machen keine Politik gegen die aktuelle Regierung. Wir geben jedoch den Anstoß, dass diese ihre verbleibende Amtsperiode nutzt, um konsequente Maßnahmen gegen den Massentourismus einzuleiten und ein alternatives Finanzierungsprogramm zu entwerfen.«

In den vergangenen Monaten war es immer wieder zu Protesten gegen die »Touristifizierung« Mallorcas gekommen. Die linke Jugendorganisation Arran hatte Touristen mit Konfetti beworfen und Anwohner von S’Arenal hissten schwarze Flaggen gegen die nächtliche Lärmbelästigung und die dort stattfindenden Saufgelage.

veröffentlicht in jw am 25_9_2017