Katalonien ist unabhängige Republik

2-DSC_0774
Foto: Mela Theurer

Nach parlamentarischer Abstimmung vollzieht Katalonien den Bruch mit Madrid

Das katalanische Parlament stimmte am Freitag über die Unabhängigkeit der bis dahin  autonomen Gemeinschaft ab. Nach einer emotionsgeladenen Debatte in der die Opposition noch einmal alles daran setzte, das Votum zu verhindern, stimmten bei zwei Enthaltungen und zehn Nein-Stimmen 70 Abgeordnete für die Ausrufung einer unabhängigen Republik. Die ParlamentarierInnen der prospanischen Liberalen Ciutadans und der postfranquistischen Volkspartei PP hatten zuvor aus Protest den Saal verlassen.

Damit hat das Tauziehen und Taktieren darüber, ob und wann die unabhängige Republik ausgerufen wird, ein Ende. Mit der Entscheidung setzte das Parlament das Ergebnis des Unabhängigkeitsreferendums vom 1. Oktober um, bei dem sich 90% für einen Bruch mit Madrid entschieden hatten. Bei einer offiziellen Wahlbeteiligung von 43 %, konnten die beschlagnahmten Stimmzettel, die mit 770.000 angegeben wurden, nicht eingerechnet werden. Bilanz dieser im Zeichen von Repression und Gewalt durch die Policia Nacional und Guardia Civil stehenden Abstimmung waren über 1000 Verletzte, eine Person hatte durch ein Gummigeschoss ihr Auge verloren.

Am 10. Oktober verkündete Kataloniens Premier Puigdemont schließlich die Republik, setzte sie jedoch im gleichen Atemzug wieder aus und stattdessen auf Verhandlungen mit Madrid. Die fehlende Bereitschaft der Zentralregierung zum Dialog sollte sich auch angesichts der Tatsache nicht ändern, dass Puigdemont vorerst auf Deeskalation setzte. Ministerpräsident Rajoy verlangte eine klare Botschaft aus Barcelona, die die Rückkehr zur „verfassungsmässigen Ordnung“ garantiere. Schlagkräftiges Argument war die Androhung des Artikels 155 der Verfassung, der die Suspendierung der Autonomie vorsieht. Dass Madrid es ernst meint, zeigte die Festnahme zweier Repräsentanten der Unabhängigkeitsbewegung, Jordi Sánchez von der ANC und Jordi Cuixart von der Kulturvereinigung Ômnium Cultural denen Aufruf zur Aufruhr vorgeworfen wird und die sich seit dem 16. Oktober in Haft befinden. Nur fünf Tage nach deren Verhaftung verkündete Rajoy die Anwendung des Artikels 155 falls die katalanische Regierung nicht innerhalb von fünf Tagen Neuwahlen ansetze. Dabei konnte er auf die  Unterstützung der sozialemdokratischen PSOE setzen, die ihren Widerstand aufgegeben hatte, nachdem Rajoy eine Verfassungsänderung  zugunsten eines föderalen Systems zusagte.

Die darauffolgenden Tage waren spannungsgeladen und von Mobilisierungen auf der Straße geprägt. Die Demonstration für die Freilassung von Sánchez und Cuixart am 21. September verwandelte sich zu einem massiven Protest gegen den Artikel 155.

Auch am Freitag fanden sich vor dem Parlament Tausende von Demonstrierenden ein, die die unabhängigke Republik forderten, nachdem der Vortag noch durch Unsicherheiten geprägt war. Da hatte Puigdemont Neuwahlen angekündigt, allerdings sofort wieder verworfen, weil Madrid weiterhin am Artikel 155 festhielt.

Der Jubel vor dem Parlament war letztendlich riesig als das Abstimmungsergebnis bekannt wurde und am Freitag Abend ging die Unabhängigkeitsfeier mit Tausenden auf dem Rathausplatz in Barcelona weiter. Fast zeitgleich mit der Abstimmung im katalanischen Parlament beschloss der Senat die Anwendung des Artikels 155 und konkretisierte noch am selben Abend in einer Eilsitzung die Massnahmen gegen die katalanische Regierung.