Wege zur Republik

Katalanische Unabhängigkeitsbewegung berät über weiteres Vorgehen
Langsam füllte sich am Sonntag morgen die Sporthalle in Lleida, in der die Katalanische Nationalversammlung (ANC) ihre jährliche Generalversammlung abhielt. Über 3.000 Mitglieder waren dem Aufruf gefolgt, über das weitere Vorgehen der vor drei Jahren als parteiunabhängige Bürgerbewegung gegründeten ANC abzustimmen. Ziel bleibt auch weiterhin die Loslösung Kataloniens vom spanischen Zentralstaat.

Um dies zu erreichen, versucht die Bewegung, mit Kampagnen und Massenmobilisierungen Druck auf die Regierung in Barcelona auszuüben.

Mit ihren Aktionen zum zentralen Aktionstag der Unabhängigkeitsbewegung am 11. September, dem katalanischen Nationalfeiertag »La Diada«, gelang es in den vergangenen Jahren, Millionen Menschen zu mobilisieren. 2014 wurde zudem versucht, die vor 300 Jahren mit der Kapitulation von Barcelona verlorene Souveränität Kataloniens zurückzuerlangen. So wurde Ende September von der katalanischen Regierung ein Gesetz zur Abhaltung eines Volksentscheids verabschiedet, der auf den 9. November angesetzt wurde.

Das Gesetz wurde jedoch von den Richtern des spanischen Verfassungsgerichtes in Madrid wieder kassiert. Doch über 30.000 Freiwillige ermöglichten trotz Einschüchterungen seitens der spanischen Zentralregierung, die Volksbefragung abzuhalten. Das Ergebnis war nicht bindend, so dass nur 37 Prozent der Wahlberechtigten zur Urne gingen, wovon sich eine große Mehrheit von über 80 Prozent für die Wiedererlangung der Souveränität aussprach. Die ANC wie auch die Parteien, die für die katalanische Unabhängigkeit eintreten, werteten die Abstimmung als Erfolg.

Im Januar setzte der katalanische Präsident Artur Mas für den 27. September diesen Jahres Neuwahlen an. Mitte März stellte die Regierungspartei gemeinsam mit der Republikanischen Linken ERC ein gemeinsames Programm vor, das unter anderem auch von der ANC unterstützt wird. Man einigte sich darin darauf, dass die Neuwahlen über die Frage der Zukunft Kataloniens entscheiden sollen.

Trotz einiger Streitpunkte innerhalb der prokatalanischen Bewegung zeigte sich die Präsidentin der ANC, Carme Forcadell, in ihrer Rede auf der Generalversammlung optimistisch, dass die Wahlen im Herbst zur Unabhängigkeit führen werden. So erklärte sie, »wir Katalanen wissen, es gibt keine andere Lösung, keinen anderen Weg. Wir legen die Zukunft Kataloniens weder in die Hand des spanischen Staates noch einer spanischen Partei«. Forcadell selbst wird ihr Amt jedoch bereits vorher abgeben. Sie betonte, dass die Assemblea eine Bewegung ist, die nicht an einzelne Personen gebunden, sondern von allen getragen wird. Die ANC will in einer Abstimmung im Mai ihre Führungsspitze neu besetzen.

Bei der Versammlung am Sonntag wurde auch über die Leitlinien der ANC beraten. Mit großer Mehrheit stimmten die Mitglieder für das Programm und entschieden, dass im Falle eines Auseinanderbrechens des Wahlbündnisses der für die Unabhängigkeit eintretenden Parteien eine interne Abstimmung im Juni über eine mögliche Listenaufstellung der ANC abgehalten werden soll.

Ebenfalls bekanntgegeben wurde die geplante Mobilisierung zum nächsten »Diada« am 11. September. Dann soll einer der Boulevards Barcelonas in die »Hauptstraße der Katalanischen Republik« verwandelt werden. Außerdem soll in einer breiten, auch international getragenen Kampagne, die zehn Prinzipien des zukünftigen katalanischen Staates thematisiert werden, darunter demokratische Erneuerung, Weltoffenheit, soziale Gerechtigkeit, Gleichberechtigung sowie ethnische und kulturelle Vielfalt.
veröffentlicht in jw am 14_4_2015