Katalanen protestieren gegen Lager

Katalanen protestieren gegen Lager
Am Weltflüchtlingstag haben am Samstag in Barcelona 2.000 Menschen gegen die menschenunwürdige Behandlung von Flüchtlingen demonstriert. Sie forderten die Schließung des Internierungslagers für Migranten (CIE) im Industrieviertel Zona Franca – und haben zumindest die Aufmerksamkeit der Regionalpolitik für sich gewonnen. Am 2. Juli soll im katalanischen Regionalparlament über die Zukunft der Anstalt abgestimmt werden.

Die Kampagne gegen das Internierungslager läuft in Barcelona seit dem Jahr 2010. Am 18. Oktober vergangenen Jahres hatten etwa 1.000 Menschen das CIE umkreist

. Die Protestplattform Tanquarem el CIE (Wir werden das CIE schließen ) hatte die Initiative mit der Unterstützung von 180 weiteren sozialen und politischen Gruppen eingeleitet. Das Bündnis bildete eine Arbeitsgruppe, die sich mit dem Modell des Internierungslagers im Rahmen der Kommission für Justiz und Menschenrechte des katalanischen Parlaments auseinandersetzte und vor allem juristische, humanistische und politische Gesichtspunkte untersuchte. Auf Grundlage der Ergebnisse soll das Parlament nun am Donnerstag nächster Woche abstimmen. Die Republikanische Linke (ERC), die antikapitalistische »Kandidatur der Volkseinheit« (CUP) und das von Linksgrünen und Kommunisten gebildete Bündnis ICV-EUiA unterstützen die Kampagne bereits, die anderen Parteien haben noch nicht eindeutig Stellung bezogen. Das letzte Wort in der Angelegenheit hat allerdings so oder so das Parlament in Madrid.

»Unsere Rolle war es, Druck auf die Parteien auszuüben, so dass es wirklich zu einer positiven Entscheidung über die Schließung kommt und nicht nur Absichtserklärungen abgegeben werden«, erklärte Mercè Duch von Tanquarem el CIE in einem Interview mit der Wochenzeitung La Directa. Das CIE Barcelona soll dabei nur der Anfang sein, die parlamentarische Initiative einen Präzedenzfall für die Schließung weiterer Lager schaffen. In den gefängnisähnlichen Einrichtungen werden Menschen bis zu zwei Monaten eingesperrt, wenn sie keine Ausweis- oder Aufenthaltspapiere vorweisen können oder ohne Arbeitserlaubnis beschäftigt sind.

Insgesamt sieben solcher Internierungsanstalten gibt es derzeit in Spanien, europaweit sind es laut dem internationalen Netzwerkes Migreurop 473. Darin können den Angaben aus dem Jahr 2012 zufolge 37.000 Menschen festgehalten werden. In Spanien waren im Jahr 2013 9.002 in CIEs interniert, 1.584 von ihnen in Barcelona. Das Lager war 2006 eröffnet worden, nachdem gefangengenommene Flüchtlinge zuvor in einem Kommissariat untergebracht waren. Dort hatte es immer wieder Vorwürfe wegen Polizeiübergriffen und Beschwerden über unzumutbare hygienische und sanitäre Verhältnisse gegeben.

An diesen Zuständen hat sich jedoch auch mit dem Neubau nichts geändert. Die Zellen verfügen weder über Toiletten, noch ist darin die Privatsphäre der Eingeschlossenen gewährleistet. Auch die medizinische Versorgung ist mangelhaft. Seit Bestehen des Lagers sind dort zwei Insassen zu Tode gekommen, einer Polizeiangaben zufolge durch Suizid, der zweite infolge eines Herzinfarktes. Immer wieder gibt es Anzeigen aufgrund der unzureichenden medizinischen Versorgung; so bleiben die Internierten beispielsweise in der Nacht ohne ärztliche Aufsicht. Auch Übergriffe durch das Wachpersonal wurden häufig gemeldet.

veröffentlicht in jw am 23_6_2015