Vereint gegen Repression

Foto: Mela Theurer

Die katalanische Unabhängigkeitsbewegung rückt nach Festnahme Puigdemonts näher zusammen


Die Unabhängigkeit Kataloniens ist nun eine internationale Frage. Dazu beigetragen hat die Festnahme des abgesetzten katalanischen Ministerpräsidenten Carles Puigdemont am vergangenen Sonntag in Deutschland. Doch im Gegensatz zur Schweiz, deren Regierung sich weigert, die beiden dorthin geflüchteten katalanischen Politikerinnen Anna Gabriel und Marta Rovira auszuliefern, betrachtet Berlin die Katalonien-Frage nach wie vor als spanieninterne Angelegenheit.

Madrid hatte Puigdemont wegen des Unabhängigkeitsreferendums am 1. Oktober und der Ausrufung der katalanischen Republik am 27. Oktober wegen Veruntreuung von Staatsgeldern und Rebellion angeklagt. Am vergangenen Samstag wurde deswegen ein internationaler Haftbefehl beantragt.

Bis mindestens Dienstag bleibt Puigdemont in Neumünster in Haft, erst dann will das Gericht über den spanischen Auslieferungsantrag entscheiden. Doch egal wie die Richter urteilen, das letzte Wort hat die Bundesregierung. Diese wurde inzwischen von „Vereint gegen Repression“ weiterlesen

Die Festnahme eines Präsidenten – oder der lange Weg zur Republik

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Die Internationalisierung des Prozesses ist dem abgesetzten katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont nach seiner Festnahme in Deutschland gelungen. Doch welche Perspektiven gibt es zur Bildung einer unabhängigen Republik Kataloniens

Die Festnahme des katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont am Sonntag war die Schlagzeile überhaupt. Die sozialen Medien stehen seitdem nicht still und all diejenigen, die glauben etwas dazu zu sagen zu haben, füllen seitdem Nachrichten in Presse und sozialen Netzwerken.  Solidarität vor der JVA in Neumünster und vor allem auf den Straßen Kataloniens folgten. Nachdem Medien wie Focus aus „sicheren Quellen“ zu berichten wussten, dass Puigdemont durch den spanischen Geheimdienst CNI kontrolliert und in einer gemeinsamer Operation mit dem Einsatzkommando „Sirene“ des BKA in Schleswig Holstein festgesetzt wurde, stellt sich die Frage, warum dies gerade in Deutschland geschah. Der europäische und internationale Haftbefehl gegen Puigdemont wurde bereits am Tag zuvor erlassen, als sich Puigdemont noch in Finnland aufhielt. Entgegen den Ankündigungen seines Anwaltes sich dort der Polizei zu stellen, trat Puigdemont mit vier Begleitern in einem Auto den Rückweg zu seinem Exil in Belgien an. Dort residiert er seit Ende Oktober, nachdem er symbolisch die katalanische Republik ausgerufen, dann aber den Rückzug angetreten hatte. Mit vier weiteren Mitgliedern seines Kabinetts war er nach Brüssel geflüchtet, um einer Haft in Spanien zu entgehen und von dort aus die Frage der Unabhängigkeit Kataloniens zu internationalisieren. Dass die Konferenzen an denen Puigdemont seitdem teilnahm dem spanischen Staat ein Dorn im Auge waren, daran besteht kein Zweifel. Auch nicht in der Tatsache, dass mit der definitiven Abgabe des politischen Konfliktes an die spanische Justiz in die Hände des zuständigen Richters des obersten Gerichtshofes Pablo Llarena eine neue repressive Etappe angetreten ist. Dennoch bleibt die Frage, warum sich Puigdemont genau in Deutschland verhaften ließ. Das stärkste Land der EU macht es ihm sicherlich nicht einfach. Das machte die  Bundesegierung sogleich klar, die den Katalonienkonflikt als spanieninterne Angelegenheit betrachtet, die Entscheidung in die Hände der Jusitz legt und erklärt, kein Veto gegen eine Auslieferung einzulegen. Eine klare Botschaft, auch an die Experten, die im OLG über darüber zu entscheiden haben, ob Puigdemont in den spanischen Sttat zurück muss. Unabhängige deutsche Justiz hin oder her. „Die Festnahme eines Präsidenten – oder der lange Weg zur Republik“ weiterlesen

Retter von Haft bedroht

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Nach Beschlagnahmung des Rettungsschiffes Open Arms durch die italienischen Behörden drohen Aktivisten der Flüchtlingsrettungsinitiative Proactiva sowie der Besatzung bis zu 15 Jahren Haft

Die Rettung von Menschenleben hat für die italienischen Behörden keine Priorität. Nachdem am 19. März das Flüchtingsrettungsschiff Open Arms im sizilianischen Pozzallo festgesetzt wurde, verschlechtert sich die Situation für die Flüchtlinge, die von Libyen aus versuchen nach Italien zu gelangen, dramatisch. Derzeit befindet sich mit der Aquaris, betrieben von SOS Méditerranée und Ärzte ohne Grenzen nur noch ein ziviles Rettungsschiff in diesem Gebiet, nachdem im letzten August bereits die von Jugend rettet betriebene Juventa beschlagnahmt worden war.

Der katalanischen Nichtregierungsorganisation Proactiva-Open arms, die nach eigenen Angaben insgesamt 59.000 Flüchtlinge gerettet hat, werfen die italienischen Behörden „Verletzung internationaler Abkommen und Gesetze“ sowie „kriminelle Machenschaften“ und „Begünstigung illegaler Einwanderung durch Zusammenarbeit mit Schleppern“ vor. Der Beschlagnahmung des Schiffes war ein Konflikt mit der libyschen Küstenwache „Retter von Haft bedroht“ weiterlesen

Knast für katalanische Politiker

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Mehr als dreißig Verletzte bei Protesten gegen die Inhaftierung von fünf katalanischen PolitikerInnen. Hundertausende demonstrierten spontan für die Freilassung der Gefangenen – und für eine unahbängige Republik

„Jetzt reichts!“ Darin waren sich die Demonstrierenden einig, die am Freitag Abend katalonienweit spontan auf die Straße gingen, um ihrer Wut Luft zu verschaffen. „Schluss mit den Familiendemos und dem Absingen der Segadors. Darüber lacht man doch in Madrid nur noch. Wir brauchen jetzt andere Aktionsformen!“ erklärt eine Demonstrantin und viele stimmen mit ihr überein. Nachdem der Richter Pablo Llarena gestern fünf der sechs vorgeladenen ehemaligen RegierungsvertreterInnen ins Gefängngis geschickt hat, kommt die Antwort von der Basis direkt und kontundent.

Carme Forcadell, Raül Romeva, Jordi Turull, Josep Rull, Dolors Bassa und Marta Rovira waren am Freitag vor den Obersten Gerichtshof, das Tribunal Suprem, zitiert. Vergeblich hatte man am frühen Morgen in Madrid auf Marta Rovira gewartet, die durch einen Brief „Knast für katalanische Politiker“ weiterlesen

Von der Polizei gejagt

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Nach dem Tod eines senegalesischen Straßenhändlers protestieren in Spanien Tausende gegen staatlichen Rassismus

Am Donnerstag nachmittag brach im Madrider Stadtteil Lavapiés Mame Mbaye Ndiaye zusammen und erlag kurz darauf einem Herzinfarkt. Der Senegalese hatte an der Plaza del Sol Parfüm verkauft, als die Polizei begann, die Straßenhändler zu vertreiben. Nach Augenzeugenberichten verfolgten die Beamten Ndiaye und seine Kollegen auf Motorrädern. In der Calle del Oso endete die Hetzjagd schließlich mit dem Tod des 34jährigen.

Spontan fanden sich noch am frühen Abend auf der angrenzenden Plaza Nelson Mandela Hunderte Menschen ein. Für sie stand fest, dass die Polizei den Senegalesen in den Tod gehetzt hat. Die Staatsmacht zog auf, Sondereinheiten gingen brutal gegen die Demonstrierenden vor. Am Freitag morgen zeugten herausgerissene Pflastersteine, umgeworfene und ausgebrannte Container und eingeworfene Fensterscheiben von Bankfilialen von den nächtlichen Auseinandersetzungen. Während die linke Madrider „Von der Polizei gejagt“ weiterlesen

Schnauze voll vom Patriarchat

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Millionen beteiligen sich an Frauenstreik in Spanien. Feministische Gruppen und Gewerkschaften bezeichnen Aktionstag als vollen Erfolg.

Spaniens Straßen haben sich am Donnerstag in ein lilafarbenes Meer verwandelt. Hunderttausende beteiligten sich an dem Frauenstreik, zu dem mehr als 300 Organisationen, die anarchistische Gewerkschaft CNT sowie die anarchosyndikalistische CGT unter dem Motto »Ohne uns steht die Welt still« aufgerufen hatten. Es war die größte Demonstration gegen Patriarchat, sexualisierte Gewalt, Rassismus und für die Gleichstellung der Frauen, die es im spanischen Staat je gegeben hat. In mehr als 120 Städten gingen die Menschen mit Forderungen wie »Gleicher Lohn für gleiche Arbeit«, »Prekäre Arbeitsverhältnisse abschaffen« oder »Schluss mit sexualisierter Gewalt« auf die Straße.

Bereits am Morgen brachten Aktivistinnen den Verkehr mit Straßen- und Gleisblockaden zum Erliegen. Landesweit wurden über 300 Züge blockiert. »Weder sind wir Opfer, noch „Schnauze voll vom Patriarchat“ weiterlesen

Patriarchat muss weg!

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Über 300 feministische Vereinigungen und mehrere Gewerkschaften riefen in Spanien am 8. März zu einem feministischen Streik auf. Der Aktionstag war ein voller Erfolg

„Ohne uns läuft nix“ lautete einer der Slogan zum internationalen Frauenkampftag am 8. März. Dieser feministische Streik- und Aktionstag wird als historischer Tag in die Geschichte Spaniens ein gehen.

Über 300 Organisationen sowie die anarchistisch- anarchosyndikalen Gewerkschaften CNT und CGT hatten zu einem feministischen Konsum-Arbeits- Studien- und Pflegestreik aufgerufen. In Katalonien beteiligten sich die LehrerInnengewerkschaft sowie der Unabhängigkeitsbewegung nahestehenden kleinere Gewerkschaften an dem 24-stündigen Streik. UGT und Comisiones Obreres CCOO hingegen riefen lediglich zu je zwei Streikstunden am Morgen und am Nachmittag auf, was ihnen herbe Kritik vor allem aus feminisitschen Kreisen einbrachte.

Die Tatsache, dass Frauen das Doppelte an Reproduktionsarbeit leisten, bei gleicher Arbeit 13% weniger verdienen als Männer und kontinuierlich sexualisierter Gewalt „Patriarchat muss weg!“ weiterlesen

Tauziehen um Republik

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Im Tauziehen der katalanischen Unabhängigkeitsparteien um Präsidentschaftskandidaten und Programmpunkte hat die antikapitalistische CUP die Faxen dicke. Ihr gehts darum, die Republik aufzubauen. Dazu ist der Bruch mit dem spanischen Staat und seinen Gesetzen notwendig

 Der Prozess um die katalanische Unabhängigkeit ist nicht nur durch die äußeren Umstände blockiert. Die Unabhängigkeitsparteien selbst schaffen es nicht, einen Ausweg aus der verfahrenen juristischen und politischen Situation zu finden. Dabei wäre alles ganz einfach, würden sie das Volksmandat des Referendums vom 1. Oktober, welches durch die staatlich aufgezwungenen Wahlen vom 27. Dezember erneut bestätigt wurde, annehmen und den Aufbau einer unabhängigen Republik voranbringen. So sieht es jedenfalls die linke, antikapitalistische Kandidatur für Volkseinheit CUP, die den neuen Präsidentschaftskandidaten Jordi Sànchez nicht wählen will. Stattdessen fordert sie einen institutionellen Bruch mit dem spanischen Staat.

Der CUP Abgeordnetete Carles Riera bekräftigte am Montag auf einer Pressekonferenz die Position seiner Partei, sich bei der Präsidentenwahl zu enthalten. Dabei gehe es nicht um „Tauziehen um Republik“ weiterlesen

Witz ohne Pointe

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Tabarnia soll eine Satire auf die katalanische Unabhängigkeitsbewegung sein

Es war ein merkwürdiges Bild am Sonntag in Barcelona. Auf einer Kundgebung der Plattform Tabarnia dominierten sowohl dessen Fahnen wie die des spanischen Staates. Laut Stadtpolizei nahmen 15.000 Menschen an dem Protest gegen die Unabhängigkeit Kataloniens teil. Unter den Demonstranten waren Javier Ortega, Generalsekretär der ultrarechten Partei VOX, und als Vertreter der spanischen Aristokratie Eduardo de Delas und Álvaro de Marichalar. Letzterer ließ es sich nicht nehmen, vor der „Witz ohne Pointe“ weiterlesen