In Spanien ist weiter keine Regierungskoalition in Sicht. Linkspartei Podemos in der Krise
Die politische Landschaft Spaniens ist seit den Parlamentswahlen vom vergangenen Dezember paralysiert. Die rechtskonservative Volkspartei PP, die bisher die Regierung stellte, ging damals zwar als stärkste Kraft aus der Abstimmung hervor, büßte mit 28,7 Prozent jedoch 16 Punkte ein und verlor ihre absolute Mehrheit. Doch auch die sozialdemokratische PSOE verfehlte ihr Ziel, stärkste Partei zu werden, und verbuchte mit rund 22 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 1977. Gewinner der Wahlen waren die Linkspartei Podemos und die rechtsliberalen »Bürger« (Ciudadanos, C’s). Die 2014 gegründete Podemos konnte bei ihrem ersten Antreten bei Parlamentswahlen 20,7 Prozent erreichen und kam somit dem Ziel näher, das bisherige Zweiparteiensystem in Spanien zu beenden.
Die C’s wurden mit 14 Prozent vierte Kraft.
Die neue Kräftekonstellation führte dazu, dass weder der nun nur noch geschäftsführend amtierende Ministerpräsident Mariano Rajoy (PP) im Amt bestätigt wurde, noch PSOE-Spitzenkandidat Pedro Sánchez im Parlament zum neuen Regierungschef gewählt wurde. Bei mehreren Kandidaturen verfehlte Sánchez im Kongress die nötige Stimmenzahl. Falls es bis zum 2. Mai nicht gelingt, doch noch eine tragfähige Koalition zu bilden, stehen vermutlich am 26. Juni Neuwahlen an.
Die PP hofft noch immer auf eine Koalition mit der PSOE und den C’s. Doch diese beiden Parteien haben erklärt, nicht mit den intern zerstrittenen und von Korruptionsskandalen belasteten Konservativen koalieren zu wollen. Statt dessen vereinbarten beide einen Pakt, um zusammen die Regierung zu bilden. Doch auch die Allianz von PSOE und C’s braucht einen Partner. Am 3. April kündigte der Sprecher der Sozialdemokraten, Antonio Hernandéz, Gespräche der beiden Parteien mit der Podemos an. Er werde nicht vom Verhandlungstisch aufstehen, bevor eine Übereinkunft gefunden sei, sagte er mit Blick auf die Anfang des Jahres ergebnislos gebliebenen Gespräche seiner Partei mit Podemos. Doch Widerspruch kam prompt von Ciudadanos-Chef Albert Rivera. Er werde keine Koalition mit einer Organisation eingehen, die »für die Teilung Spaniens« stehe. Er forderte Podemos auf, sich bedingungslos dem Abkommen von C’s und PSOE anzuschließen. Dieses sieht eine Verfassungsreform vor, um ein föderales Staatssystem aufzubauen, spricht sich jedoch gegen Referenden aus, die die territoriale Einheit Spaniens gefährden. Gemeint ist damit die Forderung Kataloniens, über einen Verbleib im Königreich entscheiden zu dürfen. Podemos hatte im Wahlkampf versprochen, den Katalanen diese Möglichkeit zu eröffnen. Intern ist die Akzeptanz des katalanischen »Separatismus« bei Podemos jedoch umstritten. Der populistische Sektor um Iñigo Errejón, der als Nummer zwei nach Parteichef Pablo Iglesias gilt, setzt auf eine Regierungsbeteiligung um jeden Preis. Die »antikapitalistische« Strömung vertritt hingegen ein zwar schwammiges, aber dennoch nach gewissen Prinzipien funktionierendes Programm. Sie lehnt den von PSOE und C’s unterzeichneten Pakt sowohl wegen dessen neoliberaler Ausrichtung als auch wegen der Verweigerung eines Referendums ab.
Iglesias, der sich selbst keinem Flügel zurechnet, steht der linken Strömung näher als den Karrieristen um Errejón. Als Parteinahme für die Antikapitalisten wurde in den spanischen Medien gewertet, dass er am 15. März Sergio Pascual, die rechte Hand Errejóns, seiner Funktion als Organisationssekretär der Partei enthob. Hintergrund dieses Schritts sind interne Konflikte bei Podemos Madrid, die Pascual nicht beilegen konnte. In der spanischen Hauptstadt waren im März, mitten im Ringen um die Regierungsbildung, zehn Stadträte und Abgeordnete zurückgetreten und hatten Kritik an Luis Alegre geäußert. Der Mitgründer der Partei und enge Vertraute von Iglesias ist derzeit Generalsekretär der Regionalorganisation.