400 Kilometer Hand in Hand

In Katalonien wird am 11. September mit einer Menschenkette für Unabhängigkeit demonstriert
Alljährlich erinnern die Katalanen am 11. September, ihrem Nationalfeiertag »Diada Nacional de Catalunya«, an die Kapitulation Barcelonas im Jahre 1714. Nach einjähriger Belagerung der Stadt durch die Truppen Philipp V. hatte Katalonien damals seine Selbstverwaltung verloren, Spanien wurde nach französischem Vorbild zu einem Zentralstaat ausgebaut. In diesem Jahr will die Katalanische Nationalversammlung (ANC), eine überparteiliche Basisbewegung, den Jahrestag nutzen, um mit einer Menschenkette von Perthus bis Vinaros für die Unabhängigkeit der Region zu demonstrieren.

Die Einbindung des zum französischen Staat gehörenden Perthus und des valencianischen Vinaros symbolisiert dabei die Forderung nach einer Einheit der Països Catalans, der Katalanischen Länder, zu denen neben Katalonien selbst die Balearen, Valencia und die katalanischsprachige Region im Süden Frankreichs gehören.

Geht es nach den Vorstellungen der ANC, die im vergangenen Jahr mehr als 1,5 Millionen Menschen zu einer Großdemonstration für die Unabhängigkeit Kataloniens in Barcelona mobilisieren konnte, werden sich am 11. September auf der 400 Kilometer langen Strecke bis zu 400000 Menschen die Hand geben. Der Erfolg der Aktion hängt davon ab, ob die Kette geschlossen werden kann. Doch es sieht gut aus: Inzwischen haben sich fast 400000 Menschen auf der Homepage der ANC als Teilnehmer eingeschrieben. Durch diese namentlichen und überprüfbaren Unterstützungserklärungen will die ANC auch den Druck auf die katalanische Regierung erhöhen, wie 2012 im Wahlkampf versprochen eine Volksbefragung über die Unabhängigkeit durchzuführen.

Während die sozialistische Kandidatur der Volkseinheit (CUP), die Republikanische Linke Kataloniens (ERC) und die links-ökologische Initiative für Katalonien/Grüne (ICV) die Menschenkette unterstützen, sind die sozialdemokratische PSC und die regierende Parteienkoalition Convergència i Unió (CiU) gespalten, ob sie an einer Aktion teilnehmen sollen, die ausdrücklich eine Loslösung Kataloniens aus Spanien fordert. Die PSC forderte, bei der Menschenkette nicht für die Unabhängigkeit, sondern »für das Selbstbestimmungsrecht« Kataloniens zu demonstrieren. Das verweigerte die ANC jedoch. Die konservativen »Bürger« (C’s) und die rechte Volkspartei (PP) haben angekündigt, sich an einer Gegendemonstration von pro-spanischen bis hin zu faschistischen Organisationen beteiligen zu wollen.

Der katalanische Präsident Artur Mas hat am 26. Juli in Madrid formal die Erlaubnis beantragt, eine Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens durchführen zu dürfen. Auf seinen Brief an den spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy gibt es jedoch noch keine Antwort. Bislang hat Madrid ein Referendum immer abgelehnt und dies mit der in der Verfassung festgeschriebenen Unteilbarkeit des spanischen Staates begründet. Sollte es dabei bleiben, gibt es zwei Alternativen: Plebiszitäre Wahlen, die die Frage der Unabhängigkeit Kataloniens zum Bestandteil haben, oder eine einseitige Unabhängigkeitserklärung.

Auf Druck der ANC hat die Regierung in Barcelona inzwischen angekündigt, die Durchführung eines Referendums bei den Haushaltsplanungen für das Jahr 2014 zu berücksichtigen.
veröffentlicht in jw am 2_09_2013