Anarchisten angeklagt

Prozessauftakt wegen Überfall auf Pax-Bank im November 2014 in Aachen

Am gestrigen Montag begann in Aachen der Prozess gegen zwei Aktivisten aus der anarchistischen Szene Barcelonas. Beiden wird die Teilnahme an einem Banküberfall auf die katholische Pax-Bank im November 2014 in Aachen vorgeworfen.

Die erste Festnahme sorgte im Frühjahr letzten Jahres für Aufsehen. Unter schwerem Polizeiaufgebot hatte in den frühen Morgenstunden des 13. Aprils die Durchsuchung des besetzten sozialen Zentrums »Blokes Fantasma« in Barcelona begonnen. Zwölf Stunden wurden die Bewohner dort festgehalten. Die brutale Polizeiaktion hatte zudem etliche Schäden an der Einrichtung des Zentrums verursacht. Am selben Tag wurden auch mehrere Privatwohnungen durchsucht. Im Stadtteil Carmel verhaftete die Polizei schließlich eine 35jährige Frau, gegen die das LKA Nordrhein-Westfalen wegen Überfällen auf Bankfilialen zwischen 2012 und 2014 ermittelte. Als diese nach Madrid überführt worden war, verhängte das spanische Gericht Audiencia Nacional Präventivhaft für die junge Frau, gegen die seit dem 11. April ein europäischer Haftbefehl vorlag (jW berichtete). Ende Juni wurde ihre Auslieferung nach Deutschland angeordnet, seitdem befindet sie sich in der JVA Köln in Einzelhaft unter restriktiven Bedingungen. Besuchs- und Kommunikationsrecht sind stark eingeschränkt.

Im Gegensatz zu der großangelegten Aktion vom April war der zweite Angeklagte am 21. Juni in einer geheimgehaltenen Operation verhaftet worden. Einheiten der katalanischen Polizei waren auch hier mit Gewalt in eine Wohnung eingedrungen, hatten die Bewohner gefesselt, mit Schusswaffen bedroht und über Stunden festgehalten, bis die Durchsuchung beendet war. Der Mann wurde schließlich nach Madrid gebracht und nach Deutschland ausgeliefert, wo er sich derzeit ebenfalls unter repressiven Haftbedingungen in der JVA Aachen befindet.

Die Staatsanwaltschaft Aachen wirft den beiden vor, am letzten von drei Überfällen auf Bankfilialen in Nordrhein-Westfalen beteiligt gewesen zu sein, welche zwischen 2012 und 2014 stattfanden. In mehreren Pressekonferenzen erklärte die Behörde, dass sie diese drei Fälle in einem Kontext sehe. In diesem Zusammenhang war bereits eine junge Anarchistin aus Amsterdam angeklagt und im Dezember 2016 freigesprochen worden, da die dürftige Beweislage für eine Verurteilung nicht ausgereicht hatte. Dagegen hat die Staatsanwaltschaft inzwischen Berufung eingelegt.

Auch im Fall der beiden Angeklagten aus Barcelona stützen sich die Ermittlungen auf fragwürdige Beweise. Der Haftbefehl gegen den Mann basiert beispielsweise auf der angeblichen Übereinstimmung von DNA-Spuren, die in der Bankfiliale festgestellt wurden, und einer DNA-Analyse anhand von Speichelrückständen an einem Röhrchen, entnommen nach einer fingierten Verkehrskontrolle. Die Anklage in dem gestern in Aachen begonnenen Prozess lautet auf Teilnahme an einem Banküberfall und Waffenbesitz. Bei dem Überfall wurde offenbar eine große Summe an Bargeld erbeutet, verletzt wurde dabei niemand. Die Pax-Bank tritt als Nebenklägerin auf und fordert eine Schadensersatzzahlung.

In Barcelona kam es in den vergangenen Monaten zu zahlreichen Solidaritätsbekundungen mit den Angeklagten. Am 12. Januar störte eine Unterstützergruppe eine Tagung, zu der die deutsche Handelskammer eingeladen hatte. Ein Hoteleingang wurde mit einem Transparent blockiert, auf dem die Freilassung der Verhafteten gefordert wurde. Nach der Verlesung eines Kommuniqués und der Verteilung von Infomaterial wurde die Aktion beendet. Am vergangenen Sonnabend fand in Barcelona eine Solidaritätskundgebung unter dem Motto »Wir wollen sie unter uns – wir wollen sie in Freiheit« statt, an der sich etwa 400 Personen beteiligten.

veröffentlicht in jw am 24_1_2017