Autonomiestatus abgeschafft

Foto: Mela Theurer

Madrid unterstellt katalanische Polizei spanischem Innenministerium

Nach den Durchsuchungen katalanischer Ministerien und Institutionen vom vergangenen Mittwoch ging der spanische Staat am Samstag noch einen Schritt weiter, um das für den 1. Oktober geplante Unabhängigkeitsreferendum der Region zu verhindern. Die Oberstaatsanwaltschaft entzog der Generalitat in Barcelona die Kontrolle über die katalanische Polizei Mossos d’Esquadra. Diese wurde dem Innenministerium in Madrid unterstellt, um die Einsatzkräfte »besser koordinieren« zu können. Notfalls soll die Abstimmung am kommenden Sonntag durch die Polizei verhindert werden, in dem auch Urnen und Wahlunterlagen beschlagnahmt werden.

Der katalanische Innenminister Joaquim Forn erklärte in einer Pressemitteilung, seine Regierung akzeptiere unter keinen Umständen die Anordnung Madrids. Er kündigte an, dagegen juristische Schritte einzuleiten. Josep Lluís Trapero, Kommandant der katalanischen Polizei, unterstrich die Loyalität seines Korps zur Generalitat in Barcelona.

De facto ist der Autonomiestatus Kataloniens abgeschafft. Auch ohne die direkte Anwendung des Artikels 155 der spanischen Verfassung, der eine Aufhebung unter bestimmten Bedingungen erlaubt, hat die Generalitat inzwischen wichtige Kompetenzen verloren. Bereits am Mittwoch wurden ihre Konten gesperrt.

Obwohl der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy sich in der vergangenen Woche überzeugt gab, dass das Referendum logistisch unmöglich geworden sei, musste seine Regierung inzwischen erkennen, dass ihr die Situa­tion entglitten ist. Auf die friedlichen Massenproteste der vergangenen Tage reagierte sie mit Repression gegen den Präsidenten der katalanischen Nationalversammlung (ANC), Jordi Sànchez, und den Präsidenten des Kulturvereins Òmnium Cultural, Jordi Cuixart. Beide wurden der Anstiftung zum Aufruhr angeklagt. Ihnen drohen bis zu 15 Jahre Haft.

Die Proteste halten derweilen an. Studenten hatten am Donnerstag das historische Universitätsgebäude in Barcelona besetzt und überlegen, die Bildungseinrichtung zu bestreiken. Am Sonntag organisierten die ANC und der Òmnium Cultural in über 300 Städten einen »Marathon für die Demokratie«, an dem Tausende Menschen unter der Losung »Wir werden wählen!« teilnahmen.

veröffentlicht in jw am 25_9_2017