Katalonien wählt links

dsc_0444En Comú Podem schickt zwölf Abgeordnete nach Madrid
Zum dritten Mal in diesem Jahr sind die Katalanen am Sonntag in die Wahllokale gerufen worden. Nach den Kommunalwahlen im Mai und den als Plebiszit über die Unabhängigkeit interpretierten Parlamentswahlen im September waren sie nun aufgerufen, ihre Abgeordneten im spanischen Kongress zu bestimmen. Anders als landesweit hatten hier die verschiedenen Linkskräfte eine gemeinsame Liste bilden können.

An dem Bündnis »En comú podem« (Gemeinsam können wir), das zur stärksten Kraft in der autonomen Region wurde, beteiligten sich Podemos, die linksgrüne Iniciativa per Catalunya/Verds (ICV), die Vereinigte und Alternative Linke (EUiA) sowie die lokale Allianz Barcelona en Comú, die mit Ada Colau die Bürgermeisterin der katalanischen Hauptstadt stellt. Zwölf der 47 Abgeordneten aus Katalonien repräsentieren nun das Bündnis um den Historiker und Antimilitaristen Xavier Domènech im spanischen Parlament.

Zweite Kraft wurde die Republikanische Linke (ERC) mit neun Sitzen. Insgesamt werden die Befürworter einer Unabhängigkeit Kataloniens 17 Vertreter nach Madrid entsenden, da Francesc Homs, der bisherige Regierungssprecher der katalanischen Nationalisten der Demokratischen Konvergenz (CDC) mit seiner Formation Demokratie und Freiheit DiL acht Sitze erringen konnte.

Die Sozialdemokraten der PSC kamen mit der ehemaligen Verteidigungsministerin Carme Chacón ebenfalls auf acht Sitze, während die PP lediglich viertstärkste Kraft wurde. Jorge Fernández Díaz, bisheriger Innenminister unter Mariano Rajoy, errang als Zugpferd für die spanische Regierungspartei lediglich fünf Sitze. Ebensoviel erzielten die »Bürger« (Ciutadans), die mit dem Journalisten, Schriftsteller und Guardia-Civil-Verdienstordensträger Juan Carlos Girauta als fünfte Kraft ein enttäuschendes Ergebnis verbuchen mussten.

Bei den Regionalwahlen im September waren sie noch zweitstärkste Partei geworden.

ERC und CDC, die im September noch gemeinsam im Bündnis »Junts pel Sí« (Gemeinsam für das Ja) angetreten waren, hatten nun auf eine getrennte Kandidatur gesetzt, obwohl sie in Madrid gemeinsam Präsenz zeigen und die Unabhängigkeit Kataloniens verteidigen wollen. Sie wollten diesmal ihre Kräfte messen, was für die bevorstehenden Verhandlungen mit der CUP bedeutsam ist, die ERC und CDC für eine Mehrheit im katalanischen Parlament brauchen. Die Antikapitalisten, die auf den Bruch mit den spanischen Institutionen setzen, hatten zum Wahlboykott aufgerufen. Am 27. Dezember soll die Basis darüber entscheiden, ob die Abgeordneten der CUP doch den amtierenden Ministerpräsidenten Artur Mas für eine weitere Amtszeit wählen oder dies auch dann ablehnen sollen, wenn dann Neuwahlen drohen. Zudem steht im Zentrum der Verhandlungen ein 39-Punkte-Plan der CUP, der sofortige Verbesserungen unter anderem im Bildungs- und Gesundheitswesen sowie bei der Energie- und Wohnungspolitik vorsieht. Das Ergebnis der Parlamentswahlen nahm die CUP zum Anlass, den Druck auf Mas zu erhöhen. In einer Erklärung forderte sie ERC und CDC am Montag auf, einen anderen Kandidaten für das Amt des Regierungschefs vorzuschlagen. Mas dagegen streckte seine Fühler zu Podemos aus. Die Partei von Pablo Iglesias will sich in Madrid für ein katalanisches Unabhängigkeitsreferendum einsetzen. So tun sich hier vielleicht neue Allianzen auf.
veröffentlicht in jw am 22_12_2015