Streit um Referendum

Spaniens Rechte verschärft Kampf gegen Unabhängigkeit Kataloniens

Genau an der Stelle, an der 75 Jahre zuvor die Franco-Faschisten mit ihren Panzern in Barcelona einmarschierten, kam die in Madrid regierende Volkspartei (PP) am vergangenen Samstag zu einer Regionalkonferenz zusammen. Unter dem Motto »Gemeinsam sind wir mehr« nutzte der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy in Begleitung von fünf Ministern die Versammlung für eine klare Ansage an die katalanische Unahbhängigkeitsbewegung: Solange er Regierungschef sei, werde es kein Referendum über eine Loslösung der Region von Spanien geben.

Bereits Mitte Dezember, als das katalanische Parlament mit einer Zweidrittelmehrheit den 9. November 2014 als Datum für den Volksentscheid festgelegte sowie die entsprechenden Fragestellungen beschloß, kam aus Madrid dazu ein lautes nein. Mit Bezug auf den Artikel 2 der Verfassung, der die »Unteilbarkeit der spanischen Nation« festlegt, verkündete Justizminister Alberto Ruiz Gallardón: »Die Regierung garantiert, daß das Referendum nicht abgehalten wird. Die Verfassung erlaubt keiner autonomen Gemeinschaft, eine Volksbefragung durchzuführen, die die nationale Einheit gefährden könnte.« Der katalanische Präsident Artur Mas setzte hingegen weiter auf eine Übereinkunft mit Madrid. Dazu beschloß das katalanische Parlament am 16. Januar unter Berufung auf Artikel 150 der spanischen Verfassung, im Kongreß einen Gesetzentwurf einzubringen, durch den die Legislative Katalonien die Kompetenz übertragen würde, das Referendum, durchzuführen. Die Gegenstimmen kamen aus der PP, den prospanischen »Ciutadans« (Bürgern) sowie von 16 Parlamentariern der PSC, der katalanischen Schwesterpartei der spanischen Sozialdemokraten. Die PSC ist seither jedoch gespalten, denn drei ihrer Abgeordnete votierten entgegen der Parteidisziplin für den Gesetzesentwurf. Die PSC, die für Katalonien mehrheitlich auf eine föderalistische Lösung innerhalb des spanischen Staates setzt, sieht sich zunehmend mit Unabhängigkeitsforderungen aus der eigenen Partei konfrontiert. Die linke CUP enthielt sich bei der Abstimmung mit der Begründung, eine Volksbefragung sei legitim und bedürfe nicht der Zustimmung aus Madrid.

Rajoy reagierte darauf mit dem Vorwurf, Katalonien erschwere mit seinen uniliteralen Entscheidungen den Dialog. Das allerdings ist irritierend, denn bislang lehnte der Regierungschef jeden Dialog zu diesem Thema kategorisch ab. Bei ihrer Konferenz am vergangenen Wochenende verschärfte die PP dann den Ton weiter. Generalsekretärin Maria Dolores de Cospedal sprach von »der einzigen unumstößlichen Wahrheit, daß Katalo­nien schon seit jeher ein fundamentaler Teil Spaniens ist und daß die PP niemals erlaubt, daß Spanien mit einem Machetenschlag geteilt wird«. Die katalanische PP-Vorsitzende Alicia Sánchez-Camacho drohte sogar mit einer Suspendierung der katalanischen Autonomie.

Artur Mas verwies dagegen auf das Beispiels Schottlands, wo am 18. September über eine Unabhängigkeit von Großbritannien abgestimmt wird – mit Zustimmung der Regierung in London. Der Vorsitzende der Republikanischen Linken Kataloniens, Oriol Junqueras, kündigte derweil an, alle demokratischen Mittel einzusetzen, um einen Volksentcheid durchzusetzen. Als Beispiel dafür nannte er unter anderem einen einwöchigen Generalstreik. Zugleich sammelte die Katalanische Nationalversammlung (ANC), die im vergangenen September eine 400 Kilometer lange Menschenkette für die Unabhängigkeit organisiert hatte, bisher fast 300000 Unterschriften für die Abhaltung eines Referendums. Sollte dieses nicht durchgeführt werden können, solle sich Katalonien einseitig für unabhängig erklären, so die Forderung. Eine Alternative zum Referendum könnten vorgezogene »plebiszitäre Wahlen« sein, bei denen sich alle Kräfte pro oder kontra zur Unabhängigkeit positionieren. Wenn die für die Loslösung eintretenden Parteien bei diesen eine Mehrheit gewinnen, könnten sie dann im Parlament unilateral die Eigenständigkeit verkünden, so die Idee.
veröffentlicht in jw am 31_1_2014