Verschieden interpretiert

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Nachdem der katalanische Präsident Carles Puidemont die Venedig-Kommission über die negative Antwort des spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy auf das Verhandlungsangebot bezülich eines Unabhängigkeitsreferendum informiert hatte, kam am Freitag eine schnelle Antwort. Die Kommission fordert die Übereinkunft mit dem spanischen Staat und Verfassungskonformität

Weniger als eine Woche dauerte die Antwort der Venedig-Kommission auf den Brief des katalanischen Präsidenten Carles Puigdemont an deren Vorsitzenden Gianni Buquicchio, in dem er über die Weigerung aus Madrid informierte, einen Dialog über ein Unabhängigkeitsreferendum zu führen. In ihrer Antwort forderte die Europäische Kommission für Demokratie durch Recht, dass es eine Übereinkunft über das Referendum geben müsse, sowie deren Verfassungs- und Gesetzeskonformität garantiert sein müsse.

Die Antwort der Kommission ging gleichzeitig an Luis Javier Gil Catalina, den ständigen Vertreter der spanischen Regierung im Europarat. Während Regierungsvertreter darin das endgültige „Aus“ für ein bindendes Referendum sehen, ist die Interpretation aus Katalonien eine völlig andere. In der Tatsache, dass das schnelle Antwortschreiben auch an die Madrider Regierung ging, sieht Puigdemont ein Interesse der Kommission am Unabhängigkeitsprozess und eine indirekte Aufforderung an Mariano Rajoy zum Dialog. In einem Interview in der Tageszeitung ara bekräftigte er, das Referendum unter Garantien durchzuführen. Noch in der kommenden Woche werde die Fragestellung und das Datum bekannt gegeben. Er sei danach auch bereit, die Einladung in den Madrider Kongress  anzunehmen, insofern dies die Möglichkeit beinhalte, die Situation in Katalonien darzulegen und eventuell doch noch einen Dialog mit Rajoy zu bewirken. Puigdemont betonte, die PP-Regierung habe die Zeit ungenutzt verstreichen lassen. Er sei dennoch bereit zu einem ein Vis-a-Vi mit Mariano Rajoy, werde sich aber nicht einem Zerfleischungsakt unterziehen.

Am kommenden Dienstag wird sich die Regierung mit der Initiative Nationalpakt für ein Referendum treffen. Puigdemont sieht inzwischen dessen Aufgabe das Referendum zu unterstützen als erfüllt und erklärte, die weiteren Schritte zu dessen Durchführung seien Regierungssache. Der Nationalpakt hatte in einer Kampagne in den letzten drei Monaten über eine halbe Million Unterschriften für die Durchführung eines Referendums gesammelt.

Bezüglich einer Mehrheitentscheidung für die Loslösung vom spanischen Staat, zeigt sich Puigdemont optimistisch. Er gehe von einer deutlichen Mehrheit aus, da es sich nicht nur um einen Prozess handle, der auf ökonomischen Interessen begründet sei, sondern einen sozialen und kulturellen Hintergrund habe.

Für die Tatsache, dass das linke Bündnis des podemos-Spektrums Catalunya en Comú – Gemeinsam für Katalonien ein Referendum zwar befürworte, einen bindenden Charakter jedoch ablehne, brachte er wenig Verständnis auf. Noch bis vor kurzem hatten sich deren Vertreter für ein Referendum mit Konsequenzen ausgesprochen, das keine Wiederholung der nicht-bindenden Volksbefragung vom November 2014 sein sollte. Nun machte das linke Bündnis in dieser Frage einen Rückzieher, nachdem die Zeit die Zeit davonlief, um noch eine Übereinkunft mit dem spanischen Staat zu erzielen.

Puigdemont bekräftigt weiterhin, das Referendum unter demokratischen Garantien und mit bindenden Konsequenzen durchzuführen. Die Tür nach Madrid sei bis zum letzten Moment offen und er hoffe, dass die Antwort der Venedig-Kommission dort doch noch etwas bewegen könne. Dies ist nach deren Interpretation des Antwortschreibens jedoch höchst unwahrscheinlich.