Artur Mas verurteilt


Spanische Justiz richtet über kalalanischen Expremier wegen Referendum über Unabhängigkeit

Überraschend schnell ist das Urteil des höchsten katalanischen Gerichtshofes im Prozess gegen drei ehemalige Regierungsmitglieder, darunter auch der ehemalige Ministerpräsident Artur Mas, gefallen. Mas, seine damalige Stellvertreterin Joana Ortega und die einstige Bildungsministerin Irene Rigau wurden am Montag wegen Ungehorsams für schuldig befunden. Sie waren wegen des Referendums über die Unabhängigkeit Kataloniens im November 2014 angeklagt, das sie trotz eines gerichtlichen Verbots abgehalten hatten. Mas darf zwei Jahre keine Ämter mehr ausüben und muss ein Bußgeld von 36.500 Euro zahlen. Ortega wurde zu einem Jahr und neun Monaten Dienstverbot sowie einer Geldstrafe von 30.000 Euro verurteilt. Rigau erhielt ein Betätigungsverbot von eineinhalb Jahren und eine Geldstrafe von 24.000 Euro.

Im zweiten Anklagepunkt der Rechtsbeugung wurden alle drei freigesprochen. Auf das schnelle, aber nicht überraschende Urteil reagierte Mas gelassen: »Wir haben damals das Referendum einberufen, und wir würden es heute erneut tun. Denn genau das zeichnet uns als echte Demokraten aus«, sagte der Politiker in Barcelona. »Wir hören auf die Meinung des Volkes, nehmen unser Mandat als Volksvertreter ernst. Wahlurnen aufzustellen ist wahre Demokratie. Die Kriminalisierung von Meinungsfreiheit und Volksentscheidung hingegen fällt in eine andere Kategorie«, so Mas auf einer ersten Pressekonferenz nach der Urteilsverkündung am Montag. Des weiteren kündigte er an, Widerspruch einzulegen und, wenn notwendig, bis vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strasbourg zu ziehen.

Der amtierende katalanische Ministerpräsident Carles Puigdemont bekundete seine Unterstützung für die Verurteilten. Er erklärte am Montag, er würde das gleiche wie sie tun, und kündigte eine verbindliche demokratische Volksabstimmung über die Unabhängigkeit Kataloniens noch in diesem Jahr an. Dabei betonte er seinen Willen, die Bedingungen des Referendums mit der spanischen Regierung zu verhandeln, jedoch setze diese auf einen repressiven Kurs. Tatsächlich drohte Ministerpräsident Mariano Rajoy von der postfranquistischen Volkspartei (PP) die Aufhebung des Autonomiestatuts für den Fall des Referendums an. Mit dem Urteil zeigten sich die PP-Führung ebenso wie die prospanische neoliberale Partei »Ciudadanos« zufrieden. »Wer glaubt, die Gesetze übergehen zu können, hat sich geschnitten«, erklärte PP-Sprecher Pablo Casado.

Gegen mehrere ehemalige Regierungsmitglieder wird wegen des Referendums 2014 ermittelt. Darunter ist unter anderem die Präsidentin der Katalanischen Nationalversammlung (ANC) und Sprecherin des Parlaments in Barcelona, Carme Forcadell. Ihr wird ebenso wie drei ehemaligen Amtsträgern vorgeworfen, die Debatte und Abstimmung über den »verfassunggebenden Prozess« im Parlament zugelassen zu haben. Im Dezember wurde Forcadell deshalb vor Gericht geladen.

Dass es sich um politisch motivierte Prozesse handelt, wurde deutlich, als Anfang Februar drei der vier Mitglieder des Parlamentspräsidiums wegen desselben Deliktes wie Forcadell angeklagt wurden. Obwohl alle vier Politiker gleich abstimmten, blieb Joan Josep Nuet von dem linken Bündnis »Catalunya Sí es Pot« (Katalonien, ja wir können) außen vor. Begründet wurde dies damit, dass er Mitglied einer Partei sei, die keine Unabhängigkeitsbestrebungen verfolge. Nuet hatte daraufhin seine uneingeschränkte Solidarität mit den Angeklagten erklärt.

veröffentlicht in jw_am_15_03_2017