Auf die lange Bank


Kataloniens Präsident Mas legt für März erwartete Neuwahlen auf den 27. September

Am vergangenen Mittwoch hat Artur Mas für den 27. September dieses Jahres zu Neuwahlen aufgerufen. Bereits im vergangenen Jahr hatte der katalanische Präsident trotz des Verbots durch das spanische Verfassungsgericht und massiver Drohungen der konservativen PP-Regierung in Madrid sowie Teilen des Militärs ein Gesetz zur Abhaltung von Volksbefragungen unterzeichnet. Bei einer Abstimmung über die Loslösung Kataloniens vom spanischen Staat votierten am 9. November schließlich 80 Prozent der Wähler für die Unabhängigkeit.

Bindend war das Votum allerdings nicht, auch den Schwung aus der Befragung und den Massendemonstrationen vom 11. September konnten die Parteien im katalonischen Parlament für den Unabhängigkeitsprozess nicht nutzen. Der nun verkündete Wahltermin war ursprünglich bereits für den März erwartet worden.

Unüberwindbar schienen die Differenzen vor allem bei der Aufstellung der Wahllisten und über den Weg zur Unabhängigkeit insbesondere zwischen der christdemokratischen Regierungspartei Convergència i Unió (CiU) und der linken Esquerra Republicana de Catalunya (ERC). CiU-Präsident Mas setzte auf eine Einheitsliste, die von allen die Unabhängigkeit befürwortenden Parteien abgelehnt wurde. Verhandlungen zwischen der ERC und der CiU führten zu keinem Ergebnis. Die Regierung, die auf Unterstützung anderer Parteien angewiesen ist, blieb so nahezu handlungsunfähig. Die ERC forderte ebenso wie die antikapitalistische Candidatura d’Unitat Popular (CUP) unmittelbare Neuwahlen mit bindendem Charakter hinsichtlich der Erklärung der Unabhängigkeit, während Mas auf Neuwahlen mit anschließenden Verhandlungen mit der spanischen Regierung setzte. Einen Weg aus dem Dilemma zeigte schließlich das auf Druck der Basisbewegung Assemblea Nacional Catalana (ANC) organisierte Treffen am vergangenen Mittwoch, an dessen Ende Mas die Neuwahlen für den 27. September ausrief. Der katalanische Präsident hatte in den Verhandlungen auf eine Einheitsliste verzichtet. Statt dessen sind Wahllisten politischer Allianzen vorgesehen, die auch Personen aus den sozialen Bewegungen miteinschließen sollen. Die ERC verzichtete auf die Einberufung unmittelbarer Wahlen und stimmte Verhandlungen über die Verabschiedung der Haushaltspläne sowie anderer wichtiger Entscheidungen zu. Eine Teilnahme an der Regierung schließen beide Parteien derzeit nicht aus. Sowohl die CUP als auch die Ökosozialisten der Iniciativa per Catalunya – Verds (ICV) sprachen sich gegen die Vereinbarung aus. Während die CUP reklamierte, dass das Mandat von CiU bereits am 9. November abgelaufen sei und die Neuwahlen bereits gestern hätten stattfinden müssen, kritisierte die ICV, dass die Sparpolitik nun unter Beteiligung der ERC ihre Fortsetzung fände.

Die Kulturorganisation Òmnium Cultural und die ANC, die den Parteien Druck gemacht und an den Verhandlungen teilgenommen hatten, zeigten sich indessen mit dem Ergebnis zufrieden. Die ANC-Präsidentin Carme Forcadell ist vom Erfolg der Unabhängigkeitsbewegung überzeugt, auch wenn das Datum nicht ihrem Wunschtermin entspricht. Auch Mas wertete die Vereinbarung als nicht optimal, zeigte sich in einem Interview mit dem katalanischen Rundfunksender TV3 allerdings optimistisch. Eine solide Bewegung könne auch durch eine spätere Wahl nicht geschwächt werden, begegnete er dem Vorwurf, die Gunst der Stunde nicht genutzt zu haben. Tatsächlich ist er der Gewinner dieser Verhandlungen. Seine Regierung könnte bald wieder handlungsfähig werden und sogar mit einer Regierungsbeteiligung der republikanischen Linken rechnen, auf die Mas seit Monaten setzt. Zudem hat er Zeit gewonnen, um neue Strukturen und Gesetze zu schaffen, die unter anderem der legalen Absicherung der Unabhängigkeitsbestrebung entgegenkommen.
veröffentlicht in jw am 17_01_2015