Keine Rebellion

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Das Oberlandesgericht Schleswig Holstein sieht keine Gewalt im Handeln von Carles Puigdemont und somit ist der Straftatbestand der Rebellion nicht gegeben . Der katalanische Expräsident kommt unter Auflagen frei. Jetzt muss das Gericht noch prüfen, ob er wegen Veruntreuung von öffentlichen Geldern ausgeliefert werden kann

Der spanische Staat erlebte heute gleich zwei Schlappen. Während das Oberlandesgericht (OLG) Schleswig Holstein entschied, Carles Puigdemont unter Auflagen und einer Zahlung von 75.000 Euro Kaution aus der Haft zu entlassen, beschloß auch die belgische Justiz die drei heute vorgeladenen katalanischen Ex-MinisterInnen Toni Comín, Meritxell Serrat und Lluis Puig nicht in Auslieferungshaft zu nehmen, bis über das Auslieferungsbegehren des spanischen Staates entschieden ist.

Frauke Hölmer, Sprecherin des OLG erklärte, der Straftatbestand der Rebellion sei von vornherein auszuschließen. Geprüft werden müsse jetzt, ob eine Veruntreuung von Geldern vorliege, deshalb prüfe man den Auslieferungsantrag. Die Entscheidung des OLG, dass Puigdemont nicht wegen Rebellion belangt werden kann, bringt das ohnehin auf tönernen Beinen stehende Anklagekonstrukt des spanischen Staates gegen die katalanische Regierung nahezu zum Einsturz. Es ist mehr als nur ein Teilerfolg für Puigdemont, denn wie kann die spanische Regierung und die bisher in ihren Interessen handelnde spanische Justiz rechtfertigen, zwar die Minister, nicht aber den obersten Verantworlichen wegen Rebellion anzuklagen. Puigdemont könnte nun noch wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder in Zusammenhang mit der Durchführung des Unabhängigkeitsreferendum des 1. Oktober ausgeliefert werden. Die spanische Justiz könnte dann jedoch lediglich diesen Sachverhalt verhandeln. Puigdemont verbringt heute seine vorläufig letzte Nacht in der JVA Neumünster. Die katalanische Bürgerinitiative Assemblea Nacional Caltalana ANC zahlt aus ihrem Solidaritätsfond die zur Haftentlassung geforderten 75.000 Euro. Unter der Auflage, sich einmal die Woche zu melden ist Puigdemont ansonsten frei, seinen Wohnort im ganzen Bundesgebiet zu wählen.

Unterdessen hatte die ultrarechte Partei Vox angekündigt, gegen die Entscheidung des OLG Widerspruch einzulegen.

Die Vizepräsidentin der spanischen Regierung Soraya Saénz de Santamaría konnte in einer ersten Reaktion die Enttäuschung über die Entscheidung des OLG nicht verbergen. „Man werde die Entscheidung des deutschen Gerichtes respektieren“ erklärte sie einsilbig und sichtlich angegriffen.

Inzwischen hat die spanische Justiz auch die Anklage gegen den ehemaligen Chef der Mossos d’Esquadra Josep Lluis Trapero erlassen. Die Richterin Carmen Lamela beschuldigt in ihrer Anklageschrift Trapero der Mitgliedsschaft einer kriminellen Organisation und spricht von einer koordinierten Strategie zwischen Trapero mit Carles Puigdemont und der katalanischen Regierung um die  Abspaltung vom spanischen Staat zu forcieren, auch wenn seinen Handlungen keine direkte Gewalthandlung zugrunde liege. Trapero drohen bis zu 15 Jahr Haft.

Die durch die Entscheidung des OLG gestärkte katalanische Unabhängigkeitsbewegung will nun baldmöglichst einen Ministerpräsidenten wählen. Nach Puigdemonts Verzicht erklärte sich Jordi Sànchez erneut zur Kandidatur bereit, die antikapitalistische Kandidatur für Volkseinheit CUP hält jedoch nach wie vor an Puigdemont fest bzw. fordert ein Programm zur Konstituierung der unabhängigen katalanischen Republik. Ohne die Stimmen der CUP gäbe es keine Mehrheit für Sànchez. Und es gibt ein weiteres Handicap. Der ehemalige ANC-Präsident sitzt seit mehr als sechs Monaten im Gefängnis. Anklage: Rebellion.