Kommunalwahl als Testballon

In Spanien geht es am kommenden Sonntag um mehr als Stadt- und Gemeinderäte
Am kommenden Sonntag werden in Spanien landesweit die Parlamente der Kommunen und die Vertretungen von 13 regionalen autonomen Gemeinschaften gewählt. Dabei geht es um weit mehr als die Neukonstituierung der Stadt- und Gemeinderäte: Die Abstimmung ist auch eine erste Antwort auf die Frage, ob die aus der Empörten-Bewegung entstandene Linkspartei Podemos das seit Ende des Franquismus herrschende Zweiparteiensystem aus der sozialdemokratischen PSOE und der rechten Volkspartei PP kippen kann.

Nach ihrem Erfolg bei den Europawahlen im März 2014, als die neugegründete Partei knapp acht Prozent der Stimmen gewann und mit fünf Abgeordneten viertstärkste Kraft Spaniens wurde, musste die Podemos zuletzt jedoch auch einige Rückschläge hinnehmen.

Bei den vorgezogenen Regionalwahlen in Andalusien Ende März dieses Jahres wurde sie zwar hinter der PSOE und der PP drittstärkste Partei, konnte jedoch die eigenen Zielsetzungen nicht erreichen und von Skandalen in der PSOE kaum profitieren. Ende April trat dann der Podemos-Mitbegründer und Generalsekretär Juan Carlos Monedero zurück. Monedero war nach dem Bekanntwerden seiner Beratungstätigkeiten für die Regierungen Venezuelas, Boliviens, Nicaraguas und Ecuadors unter Druck geraten, bei denen er insgesamt 425.150 Euro bezogen hatte. Nach seinem Rückzug ging er jedoch in die Offensive: In einem Interview mit der Tageszeitung El Pais kritisierte er, die Podemos würde sich durch ihre moderate Haltung selbst entwaffnen.

Eine weitere Partei, die den Umfragen zufolge am Sonntag eine bedeutende Rolle spielen könnte, ist die Ciudadanos. Die »Bürger«, 2006 in Katalonien gegründet, wenden sich gegen die Unabhängigkeitsbestrebungen in der autonomen Region, treten inzwischen aber auch in den anderen Landesteilen an. In Andalusien wurde die Ciudadanos viertstärkste Partei und verdrängte die Vereinigte Linke (Izquierda Unida) auf den fünften Platz.

In Katalonien wiederum geht es bei den Kommunalwahlen auch um die Frage, ob die Parteien, die für die Unabhängigkeit stimmen, eine Mehrheit erreichen können. Dies ist für die vorgezogenen Regionalwahlen am 27. September von Bedeutung, da diese auch als Votum über die Loslösung von Spanien gesehen werden. Der Wahlkampf spielt sich hier infolgedessen nicht nur zwischen den Parteien auf regionaler Ebene ab, sondern auch zwischen der Madrider Zentralregierung und der autonomen Gemeinschaft – mit harten Bandagen. So hatte Bildungsminister José Ignacio Wert vor einer Woche Journalisten gegenüber behauptet, dass die spanische Sprache in Katalonien genauso verfolgt würde, wie katalanisch unter Franco. Mit dieser Banalisierung des Franquismus hat der PP-Politiker nicht zum ersten Mal ahistorisch Stimmung gegen die katalanische Sprache und Kultur gemacht. Aufgrund eines von Wert erlassenen Gesetzes wird an Kataloniens Schulen bereits jetzt verstärkt auf spanisch unterrichtet.

Zu einer weiteren Auseinandersetzung kam es zwischen den Innenministern der Madrider und der katalanischen Regierung, als bekannt wurde, dass die spanische Nationalpolizei durch eine Infiltration eine Operation der katalanischen Mossos d\’Esquadra gegen eine sogenannte islamistische Zelle gefährdet hatte. Innenminister Fernández Diáz sprach der katalanischen Polizei obendrein noch die Kompetenz ab und reklamierte, der »Antiterrorkampf« sei Sache der spanischen Polizei. Es könne nicht angehen, dass Polizeieinheiten eine »Antiterroroperation« durchführten, die keine Staatstreue hätten, wetterte Diáz und erntete daraufhin Rücktrittsforderungen, denen er freilich nicht nachkam.
veröffentlicht in jw am 21_5_2015