Vereint für die Republik

Kataloniens Ministerpräsident übersteht Vertrauensabstimmung und kündigt Referendum im kommenden Jahr an
Mit der Zustimmung von 72 der 135 Abgeordneten des katalanischen Parlaments hat der Ministerpräsident der Autonomen Region, Carles Puigdemont, am Donnerstag die Vertrauensfrage gewonnen. Gemeinsam mit der die Regionalregierung stellenden bürgerlichen Allianz Junts pel Sí (Gemeinsam für das Ja) votierten auch die Abgeordneten der antikapitalistischen Kandidatur der Volkseinheit (CUP) für Puigdemont.

Der Regierungschef hatte die Vertrauensfrage im Juni angekündigt, nachdem die CUP den Haushaltsentwurf seines Kabinetts abgelehnt und damit eine Regierungskrise ausgelöst hatte.

Junts pel Sí, eine Allianz der sozialdemokratisch orientierten Republikanischen Linken (ERC) mit der liberalen Demokratischen Konvergenz (CDC), und die CUP eint das Bestreben, Katalonien in die Unabhängigkeit von Spanien zu führen. Für dieses Ziel hatten die zehn Abgeordneten der CUP im Januar der Regierung ihre Unterstützung zugesichert. Zugleich fordern die Linken jedoch die Umsetzung ihres Sofortprogramms zur Armutsbekämpfung, was Puigdemont ablehnte. Dessen Finanzminister Oriol Junqueras hatte sich der von Madrid erlaubten Begrenzung des Defizits auf maximal 0,7 Prozent unterworfen.

Am Donnerstag votierten dann Junts pel Sí und CUP gemeinsam, obwohl die Differenzen über die Sozialpolitik weiter bestehen. Dafür sorgte die Zusicherung Puigdemonts, ein Referendum über die Abtrennung von Spanien notfalls auch ohne Zustimmung der spanischen Zentralregierung durchzuführen. Sollte es zu keiner Einigung mit Madrid kommen, werde die Volksabstimmung in der zweiten Septemberhälfte des kommenden Jahres stattfinden, kündigte Puigdemont an. Damit blieb er dem mit der CUP im Januar vereinbarten Fahrplan treu, innerhalb von 18 Monaten die Grundlage für die Gründung einer katalanischen Republik zu schaffen.

Das Linksbündnis Catalunya Sí que es Pot (Katalonien – Ja, wir können), zu dem sich die traditionellen Linkskräfte ICV und EUiA, die Ökopartei Equo sowie der katalanische Ableger von Podemos zusammengeschlossen haben, sicherte der Durchführung eines Referendums seine Unterstützung zu, allerdings nur, wenn der spanische Staat einem solchen zustimmt. Fraktionschef Lluís Rabell begründete das damit, dass eine Abstimmung diesmal verbindliche Auswirkungen haben müsse – und nicht wie die Befragung vom 9. November 2014 eine symbolische Willensbekundung bleiben dürfe. Rabell begrüßte, dass Puigdemont weiter Verhandlungen mit Madrid anstrebe. Völlig unklar ist allerdings, wer eigentlich Gesprächspartner des Ministerpräsidenten sein könnte – die spanischen Parteien ringen nach wie vor um eine Regierungsbildung. Die unterschiedliche Haltung zum Recht der Katalanen, selbst über ihre Zukunft entscheiden zu dürfen, ist dabei eine der Fragen, die bisher das Zustandekommen einer Mitte-links-Koalition verhindert haben.
veröffentlicht in jw am 1_10_2016